Warpath – Nachgefragt bei Dirk Weiss – Interview
Den Vinyl Release zum 1993er Thrash Klassiker Massive von Warpath habe ich euch in unserer Sonntagskolumne bereits vorgestellt. Über Diabolic Might Records, die das Album am 02.03.2020 erstmals auf Vinyl veröffentlichen, kam der Kontakt mit Sänger Dirk Weiss zustande, der mir bereitwillig und auskunftfreudig Rede und Antwort stand, wie es dazu kam. Über Vergangenes und Zukunftspläne im Hause Warpath:
Michael: Dirk, du bist das einzige verbliebene Originalmitglied von Warpath. Seit eurer Reunion 2015 hast du mit runderneuerter Mannschaft zwei neue Alben eingespielt. 2018 wurden Massive und Against Everyone von eurem Label Massacre Records auf CD neu aufgelegt.
Wie kam es dazu, dass euer 1993 erschienenes Album Massive jetzt erstmals von Diabolic Might Records auf Vinyl veröffentlicht wird?
Dirk: Ich bin vergangenes Jahr von einer unserer Wochenendshows zurückgekommen, da war die Nachricht von Jochen von Diabolic Might Records im Warpath Messenger, dass sie die Rechte der Massive für einen Vinyl Release erworben haben. Dann nahm das Ganze seinen Lauf. Die Zusammenarbeit mit DBM ist völlig unkompliziert und die Jungs haben klasse Ideen.
Michael: Ich habe die Testpressung zum Album schon gehört und kann nur sagen, das Vinylmastering klingt fett! Inwieweit warst du in den Prozess mit eingebunden?
Dirk: Das Vinylmastering hat DMR ganz alleine gemacht. Ich war von dem Ergebnis allerdings auch sehr überrascht.Das Album klingt wie für Vinyl gemacht. Die Drums, vor allem die Toms und Bassdrum haben jetzt richtig Druck und klingen einfach fetter und satter. Auch die Gitarren klingen viel besser und das verleiht dem Ganzen die Kirsche auf der Sahne. Das Album hat auf CD leider nie so kompakt und gut geklungen. Wir haben allerdings gemeinsam über das Artwork entschieden und welche Entwürfe wir nehmen.
Michael: Gab es keinen Bonus Track aus den 1993er Aufnahmesessions oder einen Live-Track, den man für den Vinylrelease hätte verwenden können?
Dirk: Nein, leider nicht. Wir haben zwar noch analoge 24 Spur Live Aufnahmen von 1993 aus dem Bremer Aladin, als wir zusammen mit Gamma Ray , Coroner und Depressive Age auf dem Wild Side Festival aufgetreten sind. Aber die zu digitalisieren und zu mixen ist einfach ein zu großer finanzieller Aufwand und entspricht nicht der Relation.
Michael: Werden Against Everyone und Kill Your Enemy als Vinylveröffentlichung folgen?
Dirk: Ich würde mich sehr über ein Vinylrelease der Against Everyone freuen. Das Album war einfach ein Brett! Dürfte auf Vinyl auch gut klingen! Mal sehen, was noch kommt, wenn die Massive gut läuft. Was die Kill Your Enemy angeht, von der jetzigen Besetzung hat niemand was mit dem Album zu tun gehabt. Wir spielen auch nichts Live von dem Album. Wir haben nur zu Anfang der Reunion Stomp gespielt.
Michael: Bist du selbst auch dem neuen Vinylboom erlegen?
Dirk: Nein, ich hab fast nur meine alten Alben aus den 1980ern. Bis auf ein paar Platten, die ich geschenkt bekommen habe, kaufe ich mir ausschließlich CDs. Aber ich denk mir, dass sich das in nächster Zeit durchaus ändern kann. Ich hätte nicht gedacht, dass der Unterschied vom Vinylmaster zu einer CD so groß sein kann.
Michael: Hast du deine alten Vinyls je verkauft oder bist du immer ein Sammler von Tonträgern gewesen?
Dirk: Nein, von meinen alten Alben hab ich nichts verkauft, zumindest nicht in den 1990ern. Ich hab früher mit dreizehn/vierzehn Jahren einige meiner Alben verkauft, z.B. die Solo Alben von Kiss als Picture-Discs mit Originalschriftzug. Ein absolutes No-go aus heutiger Sicht, aber ich war total unterwegs auf Konzerten. Nachdem ich Kiss und Iron Maiden auf der Unmasked Tour zusammen live gesehen habe, fand ich Konzerte noch geiler als Platten….obwohl ich mir natürlich alles von Venom, Metallica,Tank, Celtic Frost, Kiss und Maiden geholt habe.
Michael: Bevorzugst du privat Vinyl, CD oder digitale Medien?
Dirk: Das, was besser klingt. Da ich eine Anlage mit Satelliten Boxen und Subwoofer habe, höre ich lieber CDs, da der Stereo Sound einer Vinyl auf den entsprechenden Lautsprechern besser klingt. Ich träume schon viel zu lange von einem guten alten, schweren Verstärker und den passenden Lautsprechern dazu. Da muss schon noch was passieren. Ich finde die ganze digitale Welt interessant, aber ich vermisse auch Tapedecks und die Zeit, die man mit sich nehmen musste, wenn man ein Tape mit Songs für eine Party, das Auto, einen Freund oder die Freundin, in die man schwer verliebt war, aufnehmen wollte. Man musste sich die volle Zeit nehmen, weil es nicht schneller ging, als in Echtzeit. Heute stelle ich mir ’ne Playlist mit hundert Songs in zehn Minuten zusammen, brenne mir das ganze in 48facher Geschwindigkeit auf CD und kann mich anderen Dingen zuwenden. Ich bin froh, dass die analoge Welt sich auch wieder ihren Platz zurückerobert hat. Das hätte so niemand erwartet. Aber sie hat ihren Wert, deswegen ist sie wieder da!
Michael: Wie groß würdest du deine eigene Sammlung einstufen?
Dirk: Ich hab‘ circa zweihundert Vinyls, fast ausschließlich aus meiner Jugend.
Michael: Was war das letzte Album, das du dir zugelegt hast?
Dirk: Keine Ahnung, das ist zu lange her. Die letzten Alben, die ich mir zugelegt habe, sind die Filthy Bastard Culture von Warpath, die übrigens auch analog gemastert wurde und ein paar Singles, u.a. von Fire, eine Band aus Hamburg. Ein tolles gestanztes Cover und eine Split Single von Saint Serpent und Trailer Park Witch sowie von Goath – Luciferian Goath Ritual. Aber auch die habe ich alle geschenkt bekommen!!!
Michael: Wie groß ist dein heutiges Interesse an der aktuellen Heavy Metal Szene?
Dirk: Eigentlich finde ich es immer wieder spannend, mir neue Bands anzuhören. Bei der heutigen Schwemme an Bands ist das jedoch gar nicht so einfach. Meine letzten Entdeckungen sind Slaegt aus Dänemark, die eine Mischung aus Black und Heavy Metal machen, oder Tribulation.
Ich finde es gut, was im Underground passiert! Ich arbeite öfters im Bambi Galore, einem Live Club im Osten von Hamburg. Da spielen No-Name-Bands bis hin zu etablierten oder ältere Bands. Mich überrascht es, wenn 180 Leute bei Slaegt und Ketzer den Laden zum Kochen bringen, Hamburger Bands in Kutten Oldschool Thrash spielen und Aufnäher tragen, die ich mit sechzehn auch auf meiner Kutte hatte. Das ist so abgefahren genial, wenn man mit Leuten redet, die gerade mal neunzehn sind und bei dem Song Angel Witch jede Textzeile mitsingen können. Ich konnte das auch, da war ich dreizehn/vierzehn, aber das ist 35 Jahre her. Die alten Bands touren wieder....Razor, Exciter, und es sind viele gute neue Bands vorhanden….New Roses, Night Demon. Aktuell gefallen mir auch Bands wie Jinjer und Ghost….und das sind nur wenige Beispiele. Das könnte ich stundenlang weiter ausführen! Leider sind auch viele gestorben und es hört leider auch nicht auf. Martin Ain, Peter Steele, David Bowie, Lemmy…und und und!
Michael: Welche Bands sieht du in der Zukunft als Headliner auf den großen Festivals?
Dirk: In Flames, Ghost und Iron Maiden weiterhin.
Michael: Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen der Szene in den 1990ern und heute?
Dirk: Bis auf wenige Scheiben waren die 1990er extrem vom Grunge und der Anti Hair Metal Bewegung beeinflusst! Für den Metal waren da Pantera und Machine Head wichtig. Judas Priest haben mit Painkiller ein Hammer-Album veröffentlicht. Der Death Metal war gut am Start ….mit Grave, Entombed, Gorefest, Napalm Death. Und dann gab es noch Extreme wie Neurosis oder Godmachine! Wie geil waren die! Es war alles ein wenig überschaubarer. Ich denke, das ist der größte Unterschied zu heute. Heute gibt es keine Revolution mehr in der Musik. Zumindest kommt es mir so vor, alles ist in Bewegung. So einen Aufbruch wie die 70er mit Sabbath und Deep Purple und Zeppelin hatten! Wie die 80er mit der NWOBHM und Bands wie Slayer und Metallica, die neuere, schnellere und krassere Musik machten. Dann gab es noch Rock Bands wie Mötley Crüe, Bon Jovi, Whitesnake, Ozzy Osbourne… Guns ’n‘ Roses!
Die 1990er waren vom Grunge bestimmt mit Nirvana, Soundgarden, Alice in Chains. Heute hast du alles zusammen und doppelt soviel von allem und noch mehr dazu – die Szene hat sich etabliert.
Alte Bands haben die Jahre überdauert, durchgehalten, weiter gemacht und veröffentlichen bis heute tolle Alben. Siehe Whitesnake oder Deep Purple. Die letzten Alben von Slayer oder Kreator waren der Knaller. Selbst Metallica haben mit Hardwired wieder die Kurve gekriegt! Ich kann gar nicht alle Namen nennen und von den neuen Bands kenne ich sie auch nicht alle. Aber es ist immer wieder spannend und überraschend.
Michael: Was motiviert dich aktuell, mit Warpath wieder Alben aufzunehmen und Konzerte zu spielen?
Dirk: Neue Songs zu schreiben macht mir immer wieder Spaß, kann aber auch anstrengend und nervenaufreibend sein! Aber, wenn das Endergebnis gut ist, ist das immer wieder ein Moment, der mich fasziniert, der einen Abschluss und Neuanfang einer Phase mit sich bringt. Und dann hat es sich gelohnt, das ist immer wieder ein Erlebnis!
Live spielen ist klasse. Solange wir das Brett und die Energie haben, Warpath so rüberzubringen, mit der Wucht und Kraft, die die Musik in sich trägt, sind wir auch dabei! Außerdem ist es auch immer wieder eine Party im Anschluss! Wir treffen alte Bekannte wieder, lernen neue Leute kennen und haben eine gute Zeit.
Michael: Wie würdest du den Stil von Warpath beschreiben?
Dirk: Wir sind in erste Linie eine Thrash Band, wie ich finde aber keine typische im Sinne von Testament oder Kreator. Unsere Einflüsse sehe ich bei Bands wie die frühen Celtic Frost, Motörhead, Grave oder Slayer. Carnivore und Type o Negative waren sicherlich ebenfalls ein großer Einfluss. Letztens wurden unser Musikstil als „Extrem Metal“ beschrieben, das find ich sehr passend.
Michael: Die ersten Festivals für 2020 sind für Warpath schon eingeplant. Neben den Rock und Metal Dayz in Oschersleben stehen Warpath auch beim hessischen Rock am Stück Festival auf dem Billing. Dort könnte ich mich von eurer Live Power vor Ort überzeugen. Was steht für 2020 noch auf dem Programm?
Dirk: Ein paar Festivals, u.a. das Chronical Moshers, da spielen wir zusammen mit Asphyx, Destruction, Sodom, Tankard, Holy Moses und Deserted Fear und noch einigen anderen Bands. Mit Sicherheit eines der abgefahrensten Festivals in Sachen German Thrash! Diverse Wochenendshows, zum Herbst ein neues Album und hoffentlich mal ne richtige Tour. Die letzte ist viel zu lange her….
Michael: Danke für deine Zeit Dirk, das war ein cooles Interview.
Dirk: Ja Michael, es hat Spaß gemacht und vielen Dank!
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