Unearth – The Wretched; The Ruinous – Album Review
Unearth – The Wretched; The Ruinous
Herkunft: Boston, Massachusetts, USA
Release: 05.05.2023
Label: Century Media Records
Genre: Metalcore
Unearth zählen zu den Gründungsvätern des Metalcore und sind seit 25 Jahren erfolgreich im Musikbusiness unterwegs. Das liegt vermutlich auch daran, dass die Band ihren kernigen US-Sound seit je her mit Melodeath der europäischen Schule verknüpft. Auch auf dem achten Album The Wretched; The Ruinous ist das nicht anders, die Band nennt nicht umsonst solch kompromisslose Bands wie Slayer oder Exodus als ihre Karrierevorbilder.
Trotzdem erkennen Unearth selbst kleine Änderungen in ihrem Sound. „Unser Gitarrits Buz hat die ganze Pandemie über an den Songs geschrieben“, erzählt Sänger Trevor Phipps. „Er hat sich selbst dazu gedrängt, aus seiner Komfortzone herauszukommen und zu erforschen, was Unearth ist. Buz fügte neue Elemente und Killer-Songstrukturen hinzu und inspirierte mich, stimmlich vielfältiger zu werden.“ Oder anders ausgedrückt: Das neue Album ist besser, schneller, komplexer und so weiter. Eine Behauptung, die so ziemlich jede Band beim Release einer neuen Platte von sich gibt. Aber stimmt sie auch?
Fast alles beim Alten
Vorweg für alle Fans der US-Amerikaner: Wer den bisherigen Werken etwas abgewinnen konnte, der wird auch mit The Wretched; The Ruinous seine Freude haben. Denn die Band hat nur kleine Experimente gewagt und klingt wieder zu 100% nach sich selbst. Die elf Songs grooven und ballern anständig, wobei Unearth aber stets auch melodische Passagen einbauen und gelegentlich das Tempo drosseln, wenn es dem Song dienlich ist. Der Titeltrack ist ein gutes Beispiel dafür, wie du HIER selbst hören kannst.
Ob der Ansatz, sich selbst treu zu bleiben und sein Erfolgsrezept nur in Nuancen abzuändern, gut ankommt, ist letztlich Geschmacks- und Einstellungssache. Kritiker werden bemängeln, dass die Band immer gleich klingt, Fans wiederum werden es feiern und sich freuen dass sie bekommen, was sie erwartet haben. Aber diese Diskussion ist ja mindestens schon so alt wie AC/DC.
Knackiger Querschnitt
Auch Unearth haben den Fluch jeder erfolgreichen Band geerbt. Nämlich, dass jede Neuveröffentlichung mit den alten Platten verglichen wird, die ja sowieso „viel besser“ waren und einfach aus Prinzip idealisiert werden. Bei den Metalcore-Helden sind das meistens die Alben The Oncoming Storm von 2004 und III: In the Eyes of Fire von 2006.
Aber nachdem The Wretched; The Ruinous ein sehr kompakter Querschnitt aus allen Schaffensphasen der Combo ist, werden auch Nostalgiker bedient. Beispielsweise mit dem Song Into the Abyss, der stark nach den Anfangstagen des Genres klingt und HIER zu hören ist. Und wem die Band bis jetzt zu melodisch war, der sollte sich das thrashige Dawn of the Militant anhören.
Zwischen Erdigkeit und Reinraum
Die größte Streitfrage auf dem Album ist vermutlich die Produktion. Offenbar wollten Unearth vermeiden, zu steril und auf Hochglanz poliert zu klingen. Das hört sich jetzt sehr Trivium trivial an, aber kann bei modernem Metal schon mal vorkommen und schmälert das Hörerlebnis stark.
Der Ansatz, erdiger und organischer klingen zu wollen, ist an sich also etwas sehr positives. Allerdings ist das im Mix nicht immer ganz gelungen, wodurch die Songs manchmal merkwürdig hybrid klingen. Teils wummernd und alles überwalzend wie ein guter Live-Mitschnitt, aber im nächsten Moment wieder so, als wäre die Aufnahme im Reinraum entstanden.
Daran muss man sich als Hörer erst einmal gewöhnen, was schade ist, weil die Lieder dadurch etwas an Drive verlieren. Nach 2-3 Durchlaufen aber entfalten die Songs ihr Potenzial doch noch – das wäre aber auch direkt beim ersten Mal möglich gewesen.
Fazit
Unearth bleiben sich auch auf The Wretched; The Ruinous weiterhin selbst treu und liefern hochklassige Songs in der Schnittmenge zwischen Metalcore und melodischem Death Metal. Die Produktion ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber nichtsdestotrotz können Fans der Band und ihres Genres bedenkenlos zugreifen. 7,5 / 10
Line Up
Trevor Phipps – Gesang
Buz McGrath – Gitarre
Chris O’Toole – Bass
Nick Pierce – Schlagzeug
Tracklist
01. The Wretched; The Ruinous
02. Cremation of the Living
03. Eradicator
04. Mother Betrayal
05. Invictus
06. Call of Existence
07. Dawn of the Militant
08. Aniara
09. Into the Abyss
10. Broken Arrow
11. Theaters of War
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