Therapy? – Hard Cold Fire – Album Review
Therapy? – Hard Cold Fire
Herkunft: Nordirland
Release: 05.05.2023
Label: Marshall Records
Genre: Alternative Rock
Therapy? haben in den 1990er Jahren mit Troublegum einen wahren Rock-Klassiker erschaffen, an dem sie sich bis heute messen lassen müssen. Das ist das Schicksal jeder lange bestehenden, erfolgreichen Band: Die alten Sachen sind natürlich immer besser und alles Neue damit sowieso nicht so doll. Wer es genau wissen will, kann das Boomer Battalion auf Facebook und Co. befragen.
Das Trio aus Nordirland kann jedenfalls auf eine treue und weltweite Fanbase vertrauen, der sie mit Hard Cold Fire ihr bereits 16. Studioalbum auf den Plattenteller legt. Bleibt die Frage: Haben es Therapy? nach 34 Jahren Bandgeschichte noch drauf, die Alternative Rock Community zu begeistern?
Retro, aber kein Blick zurück
Hard Cold Fire liefert zehn neue Songs, die wohltuend nostalgisch, dabei aber keineswegs verstaubt aus den Boxen schallen. Man kann den Nordiren anhören, dass sie schon etwas länger im Geschäft sind und eigentlich niemandem mehr etwas beweisen müssen. Genau so klingt nämlich die Scheibe: Selbstbewusst und bodenständig. Damit ist dieses Spätwerk von Therapy? in guter Gesellschaft, vergleichbare Combos wie Life of Agony schlagen nämlich recht erfolgreich in dieselbe Kerbe.
Der Albumtitel ist übrigens vom Schriftsteller Louis McNeice entlehnt: „The Hard Cold Fire of the Northerner, frozen into his blood from the fire in his Basalt, glares from behind the Mica of the eyes.” Die Band wollte damit laut eigener Aussage keine düstere Lockdown-Platte schreiben, wie wir sie in den vergangenen Monaten ja von etlichen anderen Combos serviert bekamen.
„Wir wollten, dass sich dieses Album gut anfühlt, wenn man es live spielt, fast wie eine Befreiung nach dieser Zeit des Stillstands, aber auch, dass wir uns nicht mit der ganzen Situation aufhalten – wir bewegen uns vorwärts, und wir wollten, dass diese Energie vorhanden ist“, sagt Bassist Michael McKeegan hinzu. Und damit wäre eigentlich fast alles gesagt.
Ironisch, knackig, gut
Wer sich aber selbst ein Bild machen will, der sollte sich HIER die erste Single Joy anhören. Die Nummer ist eines der Highlights am Album, was neben dem gut nachvollziehbaren Text auch am eingängigen Refrain liegt. Lyrisch waren Therapy? ja nie die größten Optimisten, aber dafür stets sehr ironisch – besonders deutlich wird das wieder im Song Ugly: „I’m ugly, when you touch me, you’d be ugly too.“ Der Hintergrund ist übrigens das Zusammentreffen der Band mit einem eingebildeten Soap Opera Star, musikalisch soll der Track von Satyricon inspiriert worden sein.
Neben den genannten Songs sind noch Two Wounded Animals sowie Days Kollaps besonders erwähnenswert. Ersteres wegen seines Storytelling-Konzepts, das sich mit Migration und Fluchtursachen beschäftigt. Zweiteres wegen seiner melancholisch-rockigen Atmosphäre, die ein wenig an Combos wie Mudhoney oder auch Soundgarden erinnert.
Somit sollten Therapy? mit Hard Cold Fire ihre Fans also wieder zufriedenstellen können. Zwar haben nicht alle zehn Songs Hit-Pozenzial, insgesamt betrachtet aber liefert die Scheibe genau das, was von der Band erwartet wird, nämlich Alternative-lastigen Rock ohne Scheuklappen und mit Tiefgang. 34 Jahre scheinen den Nordiren noch lange nicht genug zu sein.
Fazit
Mit Hard Cold Fire liefern uns Therapy? ein gelungenes Spätwerk, das in etlichen Rock-Subgenres wildert und der weltweiten Community somit gefallen dürfte. Vergleiche zu alten Glanztaten kann man ziehen, muss man aber nicht. Denn die Band hat es nicht verdient, immer durch die Retro-Brille betrachtet zu werden – dafür klingen die Nordiren auch 2023 immer noch zu unverbraucht, wenngleich man ihr ihren Werdegang natürlich anhören kann. 7,5 / 10
Line Up
Andy Cairns – Gitarre, Gesang
Michael McKeegan – Bass
Neil Cooper – Schlagzeug
Tracklist
01.They Shoot the Terrible Master
02. Woe
03. Joy
04. Bewildered Herd
05. Two Wounded Animals
06. To Disappear
07. Mongrel
08. Poundland Of Hope And Glory
09. Ugly
10. Days Kollaps
Links
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