The Pineapple Thief – Versions Of The Truth – Album Review

The Pineapple Thief – Versions Of The Truth
Herkunft:
UK
Release:
04.09.2020
Label: Kscope
Dauer:
45:04
Genre:
Progressive Rock


Foto Credit: Diana Seifert

Mit Versions of Truth veröffentlichen The Pineapple Thief um Frontmann Bruce Soord nach Dissolution, das vor zwei Jahren das Licht der Welt erblickte, einen weiteren Meilenstein in ihrer Karriere. 

Wer die Alternative Rock / Progressive Rock aus UK noch nicht kennt, bekommt mit diesem Album eine weitere Möglichkeit, The Pineapple Thief zu seiner Herzensband zu küren. Mitreißende Klanglandschaften, die durch exotische orchestrale Untermalung und von gefühlvollem Gesang getragen werden, machen es einem leicht, sich der Musik hinzugeben. Trotzdem ist das Album kein Lala Sing along Album, denn es hält dem Chaos und den Konflikten des Lebens im 21. Jahrhundert einen Spiegel vor und versucht, den verzerrten Reflexionen, die darauf zurückblicken, einen Sinn zu geben. Ein Verschwimmen zwischen dem Realen und dem Wahrgenommenen, zwischen Sinn und Absicht. 

Ein Album, das dem Chaos einen Spiegel vorhält

Den Beginn des zehn Track Albums macht der titelgebende Song Versions of Truth, der lyrisch scheinbar zwei verschiedene Sichtweisen von einer Perspektive zur anderen schiebt. Der Song baut sich wunderbar auf durch Steve Kitchs Arbeit am Keyboard / Synth und Gavin Harrisons Schlagzeugarbeit, die besonders im Refrain zum Tragen kommen. Wenn man sich den Song anhört, versteht man auch sofort, weshalb die Radierung des verstorbenen deutschen Künstlers Michael Schoenholtz mit den kinetischen, abstrakten Formen, die aus jedem Blickwinkel ein anderes Bild ergeben, von allen Bandmitgliedern zugleich als das perfekte Cover auserkoren wurde.

Jeder hat seine eigene Sicht auf die Dinge

Break It All als Bass lastig kräftige Nummer mit eingängigem Refrain „…You don’t get to break it all And break the rest with someone else…“ zeigt bereits an zweiter Stelle das breite musikalische Repertoire der Band mit seinen orientalisch anmutenden Synth Klängen und ebnet den Weg für Demon, das vorab ausgekoppelt wurde und das ihr HIER hören könnt.

Eine anschwellende und ausgedehnte Reise in subtiler Atmosphäre, die mich voll und ganz einhüllt. Der in Deutschland geborene Frontmann Bruce Soord, der sich auch durch zahlreiche Soloprojekte einen Namen in der Szene machte, kommentiert Demon mit den Worten: „Die Texte sprechen wirklich für sich selbst. Es ist ein sehr einfaches Gefühl, aber eigentlich eines, das ziemlich schwierig zu singen war, als es dazu kam. Es war eines der ersten Lieder, die wir für das neue Album schrieben, und die Emotionen, die in den Titel einflossen, waren damals noch sehr roh. Ich würde gerne denken, dass es sich als kathartisch erweisen würde, solche Lieder zu schreiben, aber in Wirklichkeit gehen diese Dämonen einfach nicht weg, und man muss wirklich lernen, mit ihnen zu leben“.

Driving Like Maniacs bringt wieder diese wunderbare Fragilität in der Soundlandschaft mit, die ich bei Your Wilderness schon so sehr mochte, während Leave me Be ebenso auf Dissolution einen ebenbürtigen Platz gefunden hätte. 

You’re taking us all for fools, You’re selling us down the river

Too Many Voices scheint während seiner rund drei Minuten Spielzeit musikalisch eher belanglos anzumuten, und doch würde ich es alleine aufgrund der wieder so vereinnahmenden Lyrics nicht missen wollen. Denn es sind diese Lyrics, die Visions of Truth erst vervollständigen. 

Mit Our Mire wird nicht nur der längste Song des Albums präsentiert, sondern auch ein im Tempo etwas angezogener. Der Track is smooth und gleitet mit gutem Midtempo durch. Der Refrain ist hier maßgebend. Das Thema des Songs ist die Bewältigung und der Umgang mit den Folgen eines Beziehungsbruches. Mit Out Of Line wird nun nochmal Tempo raus genommen. Die Gitarrenarbeit von Bruce Soord fügt sich besonders harmonisch zu seinem Gesang. 

Stop Making Sense wirft wieder einen etwas verstimmteren Blick auf die Dinge des Lebens und mutet durch den Einsatz der Malimba exotisch, jedoch nicht fremd an. Den Closer begeht das außerordentlich dichotome Album mit The Game, das mit seinen rund fünf Minuten Spielzeit einen würdigen Abschluss bildet. 


Fazit
Zugegebenermaßen kann dieses Album bei mir als langjährige TPT Hörerin nicht verlieren, doch Visions of Truth gewinnt auf allen Linien. Die Band versteht es, ein Komplettpaket abzuliefern. Hier stimmt alles! Musikalisch wird eine schlüssige Verbindung zu Vorgängeralben geschlossen und der eigene Stil in die Zukunft getragen. Das Thema der multiplen Wahrheiten könnte gerade in Zeiten wie diesen aktueller nicht sein und wertet den alternativ progressiven Hintergrund noch um einiges mehr auf. Wer mit The Wilderness und Dissolution schon warm wurde, wird für Visions of Truth brennen. Dieses variantenreiche Album entlockt mir die volle 10 / 10.  
9,5

Line Up
Bruce Soord – Gesang, Gitarre
Jon Sykes – Bass
Steve Kitch – Keyboards, Synth
Gavin Harrison – Schlagzeug

Tracklist
01.Versions Of The Truth
02.Break It All
03.Demons
04.Driving Like Maniacs
05.Leave Me Be
06.Too Many Voices
07.Our Mire
08.Out Of Line
09.Stop Making Sense
10.The Game

Links
Facebook The Pineapple Thief
Webseite The Pineapple Thief


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