Splendidula – Nachgefragt bei Kristien Cools – Interview

Splendidula lassen die Grenzen zwischen Doom, Sludge und Black Metal verschwimmen. Wir haben Sängerin Kristien Cools zum Interview gebeten und von ihr spannende Einblicke in die Welt der Träume bekommen. Außerdem verrät sie uns, wieso Im-Stau-Stehen ein sehr kreativer Prozess sein kann.

The original interview in English can be found HERE.


Splendidula-Somnus-ArtworkMarkus (Soundmagnet): Hallo und danke für das Interview. Auf eurem dritten Album Somnus präsentiert ihr uns einen sehr vielseitigen Sound, basierend auf Doom Metal. Wie würdet ihr euren Ansatz beschreiben?
Kristien (Splendidula): Hallo Markus, zunächst einmal möchte ich mich für diese Gelegenheit bedanken. Wir haben eigentlich angefangen, Musik zu schreiben, ohne uns auf ein bestimmtes Genre festlegen zu wollen. Für uns ist die Atmosphäre, die ein Song ausstrahlt, wichtiger als die Frage, ob wir in die Box passen, in die wir gesteckt werden oder nicht. Während dieses Prozesses haben wir uns zu einem Sound mit einer typischen Doom-Metal-Basis entwickelt, die von verschiedenen Einflüssen aus Sludge, Post und Black Metal begleitet wird. Auf diese Weise sind wir nicht auf die Grenzen eines bestimmten Genres beschränkt. Wir wollen uns weiter entwickeln und musikalische Grenzen ausloten, ohne dabei stehen zu bleiben, und natürlich hoffen wir, dass unser Publikum die Bereitschaft zeigt, mit uns zu wachsen.

Vielseitigkeit ist wichtig

Markus: Ihr polarisiert auf jeden Fall mit eurem Sound, das merkt man, wenn man die Kritiken zu eurem zweiten Album liest. Allerdings schätzen die meisten Leute eure Musik auf die eine oder andere Weise sehr. Absicht oder einfach die Art, wie ihr eure Songs schreibt?
Kristien: Wir waren eigentlich sehr überrascht von all den positiven Kritiken zu unserem letzten Album. Offenbar können die meisten Leute unsere vielseitige Musik genießen. Die wenigen weniger positiven Kritiken nannten diese Vielseitigkeit als größtes Manko. Ich denke, dass wir einfach Musik machen, die beim ersten Hören schwer zu verstehen ist und dass es vom Hörer einige Anstrengung erfordert, alle Facetten zu entdecken. So sind wir eben und wir werden sehen, wie die Welt darauf reagiert.

Songwriting im Studio und im Auto

Markus: Dein Gesangsstil ist recht einzigartig und erinnert mich ein wenig an Julie Christmas, gemischt mit gelegentlichen männlichen Death Metal-Growls. Wie entstehen eure Songs und Gesangslinien?
Kristien: Danke, das ist ein wirklich schöner Vergleich! Meistens fangen wir zuerst an, die Musik zu schreiben, ausgehend von einem Basis-Riff im Proberaum. Nachdem wir eine grobe Songstruktur erstellt haben, optimieren wir sie zu Hause weiter, indem wir Synthies und Melodien hinzufügen oder mit Songstrukturen experimentieren und so einige unserer persönlichen Einflüsse umsetzen. An diesem Punkt beginne ich in der Regel auch, meine Gesangslinien zu kreieren, manchmal kann eine Gesangslinie aber auch der Anfangspunkt eines neuen Songs sein.
Bemerkenswert ist, dass ich meine Vocals meist während der Autofahrt kreiere. Belgische Staus scheinen die perfekte Gelegenheit zu sein, einige Probeaufnahmen abzuspielen und mitzusingen. Auf diese Weise entstehen bei mir oft sehr instinktiv Melodien, und erst im allerletzten Stadium werden diese Melodien auch von geschriebenen Worten begleitet.

Vorsicht vor dem „Drocht“

Markus: Im Video zum Song Drocht sehen wir eine Art Dämon. Kannst du uns mehr über die Hintergründe dieses Songs und des Videos erzählen?
Kristien: Da Somnus eigentlich ein Konzeptalbum ist, erkläre ich das zuerst. Somnus ist ein römischer Gott, die Personifikation des Schlafes. Er hat tausend Söhne, die Somnia, die in unseren Träumen in vielen Formen erscheinen. Das können menschliche Gestalten, Bestien oder unbelebte Objekte sein. Die Songs auf dem Album erzählen eine Geschichte über Traumformen, Alpträume und wie das alles mit der Welt zusammenhängt. Oft intime Texte über persönliche Gefühle und Erfahrungen, offen für Interpretationen und mit genügend Raum, um Emotionen auszudrücken.
Nun zu Drocht: Der Titel ist eine inoffizielle Abkürzung des holländischen Wortes „gedrocht“, was so viel wie „Monster“ oder „Bestie“ bedeutet. Der Text erzählt eine Geschichte über einen der Somnia, der die Gestalt einer Bestie annimmt und irgendwo zwischen Traum und Realität erscheint. Wir haben uns für eine Mischung aus niederländischem und englischem Text entschieden, um die dünne Grenze zwischen Träumen und Realität noch mehr zu betonen.
Für das Video waren unsere Möglichkeiten sehr begrenzt, da es während der zweiten Welle der Coronavirus-Pandemie produziert werden musste. Eigentlich haben Schlagzeuger Joachim und ich die gesamte Produktion, also Schauspielerei, Dreharbeiten, Schnitt und so weiter, übernommen. Wir wollten eine einzigartige B-Movie-Horror-Atmosphäre schaffen und fanden dafür eine tolle Location in einem alten, verlassenen Haus. Wir haben mit einigen Spezialeffekten und Filtern experimentiert, um den perfekten Stummfilm zu schaffen, der diesen schweren Soundtrack begleitet.

Düsternis und Glühwürmchen

Markus: Eure Songs und euer Artwork sind ziemlich düster. Welche Botschaft versucht ihr damit zu vermitteln und wofür steht euer Bandname Splendidula?
Kristien: Wir haben uns für einen wirklich düsteren, aber sehr aussagekräftigen Stil der monochromen Kunst entschieden, um eine weitere Verbindung zum Konzept des Träumens herzustellen. Tatsächlich träumt ein Teil der Bevölkerung ausschließlich in Schwarz und Weiß, und viele Theorien besagen, dass Menschen dazu neigen, in Schwarz und Weiß zu träumen, wenn sie etwas Traumatisches erleben. Nachdem diese schwierige Zeit überwunden ist, kehren allmählich die Farben zurück. Wir fanden diese Verbindung zwischen Träumen und Realität sehr faszinierend.
Das Cover-Artwork wurde von unserem Gitarristen David gezeichnet und ist eine Darstellung von Somnus, der in der römischen Mythologie oft mit einem oder zwei Flügeln an seinem Kopf zu sehen ist. Zusätzlich zum Cover-Artwork hat er für jeden Song ein Kunstwerk erstellt, um eine visuelle Reflexion zu schaffen. Diese sind in den physischen Versionen des Albums, auf CD und Vinyl, enthalten.
Der Bandname ist abgeleitet von Lamprohiza splendidula, dem lateinischen Namen für das Glühwürmchen. Splendidula steht für die brillante, leuchtende Natur dieses Insekts. Mit unserer Musik wollen wir das geheimnisvolle und friedliche Gefühl darstellen, das diese Insekten ausdrücken, wenn sie nachts um Bäume fliegen oder über Wasser schweben.

Pläne für 2021

Markus: 2021 wird hoffentlich ein besseres Jahr für Festivals und Clubshows sein. Wenn es wieder möglich ist, können wir dann damit rechnen, euch in Deutschland und Österreich live zu sehen?
Kristien: Wie viele andere Bands mussten wir die meisten Gigs, die für 2020 geplant waren, absagen. Es war ein echter Knaller, da es viel Zeit kostet, all diese Shows zu planen, aber ich denke, jeder hat Verluste erlitten und im Vergleich zu einigen anderen können wir uns nicht beklagen. Wir hatten das Glück, 3 ausverkaufte Shows im Februar und September 2020 zu spielen, wo wir bereits einige unserer neuen Songs spielen konnten.
Für 2021 planen wir noch nicht allzu viel, da es noch ungewiss ist, wie sich die Pandemie in den kommenden Monaten entwickeln wird und wir uns die Enttäuschung ersparen wollen. Wir werden abwarten müssen, was die Zukunft für eventuelle Release-Shows oder eine anschließende Album-Promo-Tour bringt, aber wir sind sicherlich daran interessiert, in Deutschland und Österreich zu spielen, sobald es möglich ist!

Empfehlungen aus Belgien

Markus: Wir sind immer auf der Suche nach neuer zu entdeckender Musik. Welche Bands aus deiner Heimatstadt kannst du uns empfehlen?
Kristien: Ich werde mich für belgische Bands im Allgemeinen entscheiden, anstatt uns nur auf unsere Heimatstadt zu beschränken. Besonders zu empfehlen sind die Doom-Band Marche Funèbre, die atmosphärischen Death/Black-Metaller Thurisaz und die Sludge/Post-Rocker Pothamus. Alle von ihnen haben 2020 ein sehr interessantes Album veröffentlicht!

Markus: Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir.
Kristien: Ich möchte mich bei allen bedanken, die uns bis jetzt unterstützt haben. Für die Leser, die Splendidula noch nicht kennen: Checkt doch mal unsere Musik und schickt uns eure Meinung!


Außerdem auf Soundmagnet.eu:
Album Review – Splendidula – Somnus
Album Review – Pothamus – Raya
Interview – Nachgefragt bei TAV

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