Sleaford Mods – Spare Ribs – Album Review
Sleaford Mods – Spare Ribs
Herkunft: UK
Release: 15.01.21
Label: Rough Trade Records/ Beggars Group
Dauer: 42:53
Genre: Punk / Punkrock / Electric Punk
Wer könnte besser abrechnen mit einem Jahr wie 2020, wenn nicht Jason Williamson und Andrew Fearn alias Sleaford Mods? Die beiden, selbst Kinder der Nottinghamer Straßen, die eine regelrechte Bilderbuch Karriere hinlegen. Die Freunde eroberten die Bühnen der Welt, nachdem ihnen ihr Hobby-keller zu eng wurde. Schnell wurde nach ersten Erfolgen klar, dass sie, trotz oder gerade wegen ihres typischen englischen, tiefschwarzen Humors international gefeiert werden. Den Humor muss man verstehen, auch wenn man manches der Songs nur im Zusammenhang übersetzen kann. Die Message jedoch versteht jeder!
Punkrock – schnell und mit spitzer Zunge in typischem Dialekt
Ihre bisherigen musikalischen Outputs beschäftigen sich allesamt mit tagesaktuellen und vor allen Dingen politischen Themen, die Menschen bewegen. In den letzten Jahren entwickelte sich Sleaford Mods von irgendeiner Band aus UK zu einer Trademark, die es vermag, sich nicht nur kulturell relevant in die Köpfe der Menschen zu schrauben, sondern eine regelrechte außerparlamentarische Opposition zu bilden.
Trump, Johnson, Brexit…sie alle bekommen ihr Fett weg und Jason spricht mit diesen Themen vielen gekonnt aus der Seele.
Wie sehr, erlebt man spätestens persönlich bei einem der vielen ausverkauften Konzerte. Ich selbst erinnere mich noch zu gerne an ihren Live Auftritt im Wiener Flex im Mai 2017. Heiß, stickig, die Meute bebte, Sleaford Mods!
Wir müssen reden! Corona, Brexit, Johnson, Trump und jede Menge andere Scheiße, die in der Welt vor sich geht
Was erwartet uns nun auf Spare Ribs? 13 typische und doch so untypische Sleaford Mods Songs. Während sich bisherige Songlyrics überwiegend im politischen Sumpf der Gegenwart wälzen, werden auf Spare Ribs nun auch Blicke in die Vergangenheit geworfen; und zwar nicht nur in die Politik, sondern auch in die eigene Jugend. Spitze Seitenhiebe treffen die heimische Bandszene und auch ein Blick wird aus der Sicht des Vaters riskiert.
Doch bevor das große Fressen losgeht, heißt Andrew im rund 45 Sekunden Intro The New Brick willkommen. Yeah! Der unverkennbare Sound, der Hip Hop, Punk, Electronic und Synth vereint ist unverkennbar! „…we are all retired and beaten by minds small,…“ Während ich das schreibe, lächle ich gedankenverloren und wippe mit dem Kopf. Bereits die ersten Takte holen den Fan hier ab. Weiter gehts mit dem basslastigen Intro von Shortcummings, bevor Amy Taylor von der australischen Band Amyl and the Sniffers, die sich die beiden für den Song Nudge it als weibliche Verstärkung ins Boot holten, gegen die Politik wettern. „…gimme gimme…“
Im Song Mork n Mindy, das ich euch HIER als Anspieltipp empfehlen möchte, holte man sich Newcomerin Billy Nomates ins Boot, die perfekt zum Track passt und deren Karriere unbedingt weiter verfolgt werden sollte. Wortfetzen über Menschen, die nicht aus der Szene sind, nicht von hier, „…Jokes not landing where they used to…“ (sic!) spielen auf fehlgeleitete Verse an.
Unmittelbar darauf dröhnt der Titelsong des in nur drei Wochen während des Lockdowns aufgenommenen, mittlerweile sechsten Albums Spare Ribs aus den Boxen. Hier wird die englische Corona Politik bis ins kleinste fein filetiert. Der Song handelt davon, wie wir als einzelne Bürger Ware sind, die auf einem Verkaufsregal wartet, von der Regierung verkauft zu werden. Die Band sagt selbst dazu: „()… the realization of their catastrophic management would cripple their minds. Much like the human body can still survive without a full set of ribs we are all ’spare ribs’, preservation for capitalism, through ignorance and remote rule, available for parts…()”(sic!)
Dieser Song sagt alles aus, wofür Sleaford Mods und ihre Musik stehen. Hiermit wird erneut ein Statement gesetzt, das vermittelt, dass wir alle dieselben Ängste und Nöte haben und es da draußen Bands gibt, die Kultur als Sprachrohr nutzen, uns zu sagen, dass wir nicht alleine sind.
Tracks wie All Day Ticket, Fishcake, wunderbar melodisch, oder auch Top Room, in dem wir mit Dr Lisa McKenzie noch einmal einen Track mit weiblicher Unterstützung am Mikro zu hören bekommen, runden das rund 42 Minuten starke Bombastwerk ab, das extra für uns Vinylisten auf schickem gelben Vinyl zu bekommen ist.
Fazit
Niemand versteht es so wie Jason und Andrew die einzelnen Genres von Punk über Punkrock und Hip Hop zu verbinden ohne dabei die wahre Kultur dahinter zu vergessen. Musikalische Perfektion trifft auf schärfste Zunge des Genres und auch das mittlerweile sechste Album der Boys ist der Kracher. Ich liebe es, dass sich Spare Ribs nicht nur mit politischen Themen befasst, sondern auch einen Blick in die eigene Jugend der Protagonisten wirft. Von mir gibt es verliebte 9 / 10.
Line Up
Jason Williamson
Andrew Fearn
Gastmusikerin
Amy Taylor – Gesang
Tracklist
01. The New Brick
02. Shortcummings
03. Nudge It (Ft. Amy Taylor, Amyl and the Sniffers)
04. Elocution
05. Out There
06. Glimpses
07. Top Room (Ft. Dr Lisa McKenzie)
08. Mork n Mindy (Ft. Billy Nomates)
09. Spare Ribs
10. All Day Ticket
11. Thick Ear
12. I Don’t Rate You
13. Fishcakes
Links
Facebook Sleaford Mods
Webseite Sleaford Mods
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