Sammler und Jäger – von Musikleidenschaft und Sammelwut – Kolumne 2/2
Wie viele andere Musik und Memorabilia Sammler frage auch ich mich, was der Auslöser für exzessives Sammeln war. Welcher Umstand es war, dass mich die Musikleidenschaft und das Sammeln von Tonträgern so gepackt haben. Im Rahmen einer zweiteiligen Kolumne versuche ich zu den Ursachen vorzudringen.In diesem zweiten Teil der Kolumne erfahrt ihr mehr über den stetigen Kauf von Tonträgern.
Endlich bot sich mir die Gelegenheit meine erste Schallplatte von Black Sabbath zu kaufen. Ein Bekannter verkaufte aus der Sammlung seines Bruders den Sampler Attention! Black Sabbath Volume 2, weil es, in seinen Augen, nur eine Zusammenstellung und kein richtiges Album war. Auch den Preis fand mit 40 (Ost)Mark günstig, denn andere Schallplatten von westlichen Künstlern wie Genesis oder Deep Purple hatte ich für 120 bis 150 Ostmark den Besitzer wechseln sehen. Und ich war glücklich, weil meine erste musikalische Begegnung mit der Band drauf war: der Song Black Sabbath. Die LP wurde unablässig gespielt oder wie meine Eltern sagten: „…die schreckliche Musik dudelte den ganzen Tag.“
Ein verheißungsvolles Angebot
An weitere LPs heranzukommen war meine Begierde. Da es das Internet noch nicht gab, habe ich Zeitungsanzeigen studiert. Ich fand eine Annonce, in der jemand eine Metal-Sammlung mit Ozzy Osbourne, Ronnie James Dio und Manowar anbot. Schnell beim Verkäufer angerufen, Termin gemacht und einen Kumpel organisiert, der uns beide mit dem Auto hinfährt.
Da saßen wir nun und staunten. Leider nichts von Black Sabbath, aber alle Studioalben von Ozzy und Dio zum Verkauf. Sogar das brandneue Album von Ozzy namens The Ultimate Sin, von dem ich noch nicht einmal gehört hatte, lag vor mir. Es wurde gestaunt, der Zustand gelobt und um den heißen Brei herum geredet. Schließlich die entscheidende Frage, was denn eine LP kosten soll. Ich hatte insgeheim natürlich auf ein Schnäppchen gehofft. Aber er wollte pro LP 120 Ostmark und für das Doppelalbum Speak Of The Devil sogar 220 haben.
Ich hätte heulen können. Jetzt muss man aber wissen, dass ich zu der Zeit 660 Mark im Monat verdient habe. Also eine Woche arbeiten für eine LP – das war für mich zu heftig. Ich konnte mir meinen Traum nicht erfüllen und im Nachhinein glaube ich, dass es dieser Tag war, der mir den endgültigen Knacks fürs Leben gegeben hat.
Mit dem Mauerfall wird alles anders
Als dann nur drei Jahre später die Mauer fiel, brachen bei mir alle Dämme. Ich war im Kaufrausch und das hat bis heute nicht wirklich nachgelassen. Meine Favoriten jemals live zu sehen, hatte ich mir vor dem Mauerfall nie erträumt und das alles war mir nun vergönnt. Ich traf Gleichgesinnte auf Schallplattenbörsen, im Fanclub und besuchte mit anderen Infizierten zusammen Konzerte.
Die letzten Hindernisse brachen als das Internet seinen Siegeszug antrat. Schnelle Kontakte zu anderen Sammlern und zu Händlern in anderen Länder waren nur noch eine Frage der Zeitverschiebung. Soziale Netzwerke und professionelle Verkaufsplattformen taten ihr übriges zum Wachsen der Sammlung.
Mein Fazit
Manchmal sitze ich vor den ganzen Tonträgern und frage mich, ob Menschen ohne Interesse für Musik und Sammeln nicht ein glücklicheres und finanziell entspannteres Leben haben. Ich habe die Frage auch schon meiner Frau gestellt, die mit meiner Art von Musik nichts anfangen kann und mir trotzdem den Rücken stärkt, weil sie diese Leidenschaft schon immer kennt und als Teil von mir empfindet.
Später klingelt es an der Tür und der Postbote reicht mir ein Paket mit einer neuen Doppel-LP von meinen Helden. Der Versandkarton ist ohne Knicke, Vinyl und Cover des Albums sind mint. Ich spüre die Freude, die ich habe, wenn ich es in den Händen halte und auflege. Meine Frau sieht mich an und lächelt. Alles richtig gemacht – ich möchte mein Leben nicht tauschen.
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