Sammler und Jäger – von Musikleidenschaft und Sammelwut – Kolumne 1/2

Wie viele andere Musik und Memorabilia Sammler frage auch ich mich, was der Auslöser für exzessives Sammeln war. Welcher Umstand es war, dass mich die Musikleidenschaft und das Sammeln von Tonträgern so gepackt haben. Im Rahmen einer zweiteiligen Kolumne versuche ich zu den Ursachen vorzudringen.
Im ersten Teil dieser Kolumne erfahrt ihr, welche Band meine Sammelleidenschaft auslöste.


Es kann nicht mit den vererbten Genen zusammenhängen, denn meine Eltern waren ganz normale Endverbraucher, die mir von Ihrer Seite maximal das Hören von Radiomusik mitgegeben haben. Dies ist also schon mal keine Erklärung dafür, weshalb sich bei mir die Tonträger stapeln, das Konto geplündert ist und trotzdem ein langer Wunschzettel besteht. Zu allem Unglück habe ich auch noch diese Leidenschaft für Platz fressende Schallplatten entwickelt.

Meine ersten Erfahrungen mit Schallplatten

Da die Ursache der Leidenschaft tiefer und in der kindlichen Entwicklung zu suchen sein muss, bietet es sich an doch am Beginn des Lebens zu starten. Es geht zurück an den Anfang der 1970er, als ich in der Lage war einen Schallplattenspieler als Kind zu bedienen. Hörspielkassetten gab es damals noch nicht und ein klassisches Tonbandspulengerät haben wir nicht besessen. So saß ich also am Wochenende und habe Märchenschallplatten gehört.

Sehr schnell begriff ich, das Unachtsamkeiten zu Kratzern führten und diese zu meinem Bedauern auch niemals ausheilten, sondern bei jedem erneuten Abspielen der Platte hörbar und nervig an die eigene Unachtsamkeit erinnerten. Eine Schallplatte muss man pfleglich behandeln.

Später dann trat der Kassettenrekorder seinen Siegeszug an. Meine Eltern hatten nichts dagegen, dass ich das Gerät gleich in Beschlag nahm, so lange ich ihre Kassetten mit Bonney M und ABBA nicht überspielte. Ich dagegen war pausenlos auf der Suche nach fetziger Musik im Radioprogramm. Kurze Erklärung: fetzig heißt heute cool oder amazing.

Ein prägendes, musikalisches Erlebnis

Stundenlang wurde nach relevantem Musikmaterial im Radio gesucht. Es wurde alles mitgeschnitten: von AC/DC, über Led Zeppelin bis hin zu CCR. Dann kam der Schicksalstag: Gerade hatte ich Neil Young mit Heart Of Gold aufgenommen, aber danach den Pausenknopf nicht gedrückt. So lief die Kassette weiter und eine nie vorher gehörte intensive, brachiale und plastische Musik war zu hören. Meine Englischkenntnisse waren damals so ziemlich null, denn der Sprachunterricht begann erst ab der 7. Klasse. Doch ich verstand jeden Ton, jedes Wort, weil ich es fühlte.

Vertonte Bilder in meinem Kopf

Vor mir ist ein Feld in der Abenddämmerung zu sehen. Typischer Landregen macht den Boden nass und schwer. Die lehmige Erde klebt an meinen Schuhsohlen. Im Hintergrund bildet sich grau ein Dorf ab und die Glocke der Kirche schlägt zur vollen Stunde. Aus dem Schatten kommt eine dunkle Silhouette auf mich zu. Ich kann mich nicht mehr bewegen und sehe alles wie in Zeitlupe. Ozzy wimmert auf und bittet „please God help me„. Schwere, schleppende Riffs vermischen sich mit meinem Herzschlag. Es ist der Song Black Sabbath von Black Sabbath, den ihr HIER hören könnt.

Ich musste den Text nicht wörtlich verstehen, denn ich habe den Inhalt gespürt. Ich war fasziniert und fühlte zwischen Angst, Ablehnung und völliger Begeisterung. Alle Musik, die bis dahin kannte, diente der Unterhaltung und dem Tanz. Doch das hier sprengte alle Rahmen und Regeln. Von jetzt an nahmen mich Black Sabbath für immer gefangen.

Das Fieber und die Suche beginnt

Sofort begann ich fieberhaft nach mehr Musik von der Band zu suchen und stellte fest, das die Stimme des Sängers aktuell ganz anders klang. Der Grund: Ozzy war gefeuert worden und in der Band sang plötzlich Ronnie James Dio an seiner Stelle und er war auf dem Album Heaven und Hell zu hören. Als ich mich mit den wenigen Aufnahmen, die ich mit Dio ergattern konnte revanchiert hatte, waren alle plötzlich begeistert von Ian Gillan am Mikro. Was geht mit dieser Band vor? Könnt ihr mir nicht einfach weiter das geben, was ich von euch erwarte?

Was ich nicht ahnte: Black Sabbath wandelten sich in den nächsten 20 Jahren noch oft und forderten mich immer wieder neu heraus.

Ob die Zeit meine Liebe zur Band und zu Tonträgern veränderte, erfahrt ihr am kommenden Sonntag im zweiten Teil.


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