Rotten Cold – Nachgefragt bei Daniel und David – Interview

Die Kärntner Grindcore-Band Rotten Cold ist seit 20 Jahren im Geschäft, kaum eine andere Band hält im Süden Österreichs so lange durch. Wir haben uns mit Sänger Daniel Polsinger und Gitarrist David Schwarz  über ihr Jubiläum, die Kärntner Metal-Szene und Umwälzungen im Musikgeschäft unterhalten. Außerdem geben die beiden praktische Tipps für Newcomer-Bands.


Rotten Cold-BandMarkus (Soundmagnet): Servus und Danke für das Interview. Rotten Cold sind seit dem Jahr 2000 in der Kärntner Szene aktiv, die meisten anderen Bands halten nicht so lange durch. Was treibt auch nach all der Zeit noch dazu an, weiterzumachen?
Daniel (Rotten Cold): In Wahrheit ist es so, dass wir die letzten Jahre über nicht besonders aktiv waren, was wohl daran liegt, dass wir nicht mehr in unmittelbarer Nähe zueinander wohnen, sondern von Wien bis Kärnten verteilt. Regelmäßiges Proben ist so kaum möglich. Wir haben trotzdem jedes Jahr den einen oder anderen Gig gespielt. Um auf deine Frage zurückzukehren, würde ich sagen, dass wir weitermachen, weil wir bisher einfach noch keine Veranlassung dazu gesehen haben, aufzuhören.
David (Rotten Cold): Dem muss ich mich anschließen. Wir lieben es nach wie vor live zu spielen, auch wenn wir das letztes Jahr aufgrund von Corona nicht machen konnten.

Neue Musik

Markus: Eure letzte Veröffentlichung Grind Culture stammt von 2019. Können wir demnächst mit neuer Musik von euch rechnen?
Daniel: Das wird wohl noch dauern. Wir haben immerhin zwei neue Songs, Evil Wizard und Job in Sodom, geschrieben und vor Corona auch schon live gespielt, unter anderem auf dem Kaltenbach Open Air 2019. Es ist Tatsache, dass wir Jahre gebraucht haben, um weg vom typischen Proberaum-Gefüge und hin zu digitalen Workflows kommen. Aktuell scheint es, als hätten wir einen guten Weg gefunden, darum bin ich zuversichtlich, dass zumindest das Songwriting Fahrt aufnehmen wird.
David: Zwei komplette Songs hat Daniel beigesteuert, einer kam von mir. Es sind weitere neue Songideen vorhanden, die noch fertig gesponnen werden müssen. Außerdem ist ein Überraschungs-Release zum 20-jährigen Bestehen geplant.

Kein Stein blieb auf dem anderen

Markus: Ihr habt die Umwälzungen im Business miterlebt. Was hat sich seit euren Anfangstagen verändert und wie steht ihr Streaming-Plattformen, Bandcamp und Co. gegenüber?
Daniel: Es ist eigentlich kein Stein auf dem anderen geblieben, die Veränderungen waren rasant. Weil mit unserer Musik ohnehin kein Geld zu verdienen ist, können wir Streaming-Plattformen jeder Art nur befürworten. Anders sieht es für jene Bands aus, die von ihrer Musik leben und Cent-Beträge für Streamings bezahlt bekommen. Ich persönlich finde es schade, dass kaum noch Tonträger gekauft werden. In Österreich bekommt man für 7500 verkaufte Exemplare eine goldene Schallplatte!
David: Zu Beginn war es noch wichtiger für junge Bands, auf CD-Beilagen von diversen Zeitschriften zu gelangen. Das hat sich meiner Ansicht nach verändert. Heutzutage ist es wichtiger in Playlists, in unserem Fall beispielsweise This is grindcore…, bei den gängigen Streaming-Portalen zu gelangen, um unter die Leute gebracht zu werden. Man kann – und das ist uns wichtig – via Bandcamp unsere Releases gratis als MP3 downloaden, um nicht vom Internet abhängig zu sein. Für alle die lieber was in der Hand haben, gibt es auch Vinyl, CDs und natürlich Merch über Bandcamp zu bestellen.

Grindcore und Hardcore

Markus: Ihr vermengt euren Grindcore gerne mit etwas Hardcore-Punk und weiteren Stilen. Was sind eure grössten Einflüsse und wie würdet ihr euren Sound selbst beschreiben?
Daniel: Rotten Cold haben sich ja eigentlich aus der Death Metal Band Devastation entwickelt. Unsere Wurzeln sind ganz klar im extremen Metal angesiedelt, der Grind- und Hardcore-Einschlag kam erst später. Ich persönlich hätte nichts dagegen, wenn wir uns in Zukunft wieder mehr in Richtung Death Metal entwickeln würden. Persönlich höre ich fast ausschließlich Metal aller möglichen Subgenres, Grind eher weniger. Wenn, dann Klassiker wie Napalm Death, Lock Up oder Terrorizer.
David: Nicht zu verleugnen sind ganz klar Einflüsse von alten Grind Bands wie Napalm Death und Nasum, aber auch von eher Death Metal-lastigeren Bands wie Misery Index und Rotten Sound. Auch die Schweden Death Partie Entombed sind ein großer Einfluss. In dieser Gangart wird es wohl weiter gehen. Death Grind eben. Die Hardcore-Einflüsse geben der Mixtur einen gewissen besonderen Kick, der besonders live rüberkommt.

Pläne für Live-Shows

Markus: Die leidige Frage, die aber leider sein muss: Mit Live-Shows sieht es im Moment ja immer noch düster aus. Plant ihr ein paar Gigs oder eine Tour, sobald es wieder möglich ist?
Daniel: Auch wir mussten wegen Covid ein paar Gigs absagen, was zwar schade, aber kein Weltuntergang ist. Viel schlimmer finde ich, selbst als Besucher keine Konzerte und Festivals besuchen zu können. Als Sänger bin ich ohnehin eher Fan als Musiker.
David: Wir hoffen unsere bereits fixierten 20-Jahres-Jubiläumsgigs in Wien, Graz, Wolfsberg, Salzburg und Linz nachholen zu können. Auch eine Mini-Tour in Tschechien war einmal im Gespräch. Wie alle müssen auch wir abwarten.

Die Kärntner Metal-Szene

Markus: Die Szene in Kärnten war schon einmal stärker ausgeprägt. Wie schätzt ihr die lokale Szene heutzutage ein?
Daniel: Ja, in Kärnten war früher einiges los. Ich kann mich beispielsweise an die legendären Krawallhalla-Festivals erinnern oder an das geniale Metal-Lokal Endorphin in Althofen. Auch in meiner Heimatstadt Wolfsberg war gefühlt jeder zweite in irgendeiner oder mehreren Metal-Bands aktiv. Heute ist davon leider nicht mehr viel übrig, und das wird sich durch die Schließung von Veranstaltungsstätten wie dem Stereo in Klagenfurt wohl nicht so schnell verbessern.

Tipps für Newcomer

Markus: Der Zahn der Zeit nagt an uns Menschen, aber Musik ist zum Glück zeitlos. Wie entstehen Songs bei euch und habt ihr ein paar Tipps für Newcomer, die eben erst los starten wollen?
Daniel: Mein Tipp: Befasst euch so schnell wie möglich mit den Möglichkeiten, auf Distanz zu komponieren. Wir haben das leider jahrelang verabsäumt und lange daran festgehalten, zusammen zu proben. Das funktioniert halt nicht, wenn man hunderte Kilometer voneinander entfernt lebt. Die Riffs und Grundstrukturen kommen von unserem Gitarristen David Schwarz.
David: Genau. Früher war es so, dass wir alle nicht weiter als 20 Kilometer voneinander gewohnt haben, da konnten wir einige Jahr nahezu täglich oder mehrmals pro Woche proben. Das hat uns zu einer Einheit verschweißt, wovon wir heute noch profieren. Das kann ich auch jeder Newcomer-Band empfehlen und nur gemeinsames Proben bringt was in puncto Zusammenspiel. Früher wurden bei uns die Songs einfach „erjammt“, ich kam mit einer Idee und die wurde von Schlagzeuger Wolfgang und mir zu einem vorläufigen Song festgelegt, bevor Daniel mit Texten und Bassist Stefan mit Umstrukturierungsvorschlägen ankamen. Wie schon erwähnt ist das jetzt gezwungenermaßen anderes.

Empfehlungen aus dem Süden

Markus: Welche anderen Bands aus Kärnten könnt ihr uns empfehlen?
Daniel: Also, das neue Album von Scion of Darkness hat mir schon ziemlich gut gefallen. Andere interessante Kärntner Bands fallen mir ad hoc nicht ein. Schande über mein Haupt.
David: Also im Death Metal fallen mir auf die Schnelle auch nur Scion of Darkness ein, aber in anderen Metal- und vor allem Rock-Genres gibt es beispielsweise Sound Dealer aus Wolfsberg, die mit Ihren Prog- und Classic-Metal Einflüssen eher sparsam umgehen und eher dem Psychedelic Rock zuzuordnen sind. Wir sind halt schon so lange dabei, dass sich viele unserer alten Weggefährten leider schon aufgelöst haben.

Markus: Danke für das Interview. Die letzten Worte gehören euch.
David: Danke dir für dein Interesse! Wir hoffen nach der Pandemie endlich wieder live spielen zu können und mit einem neuen, besonderen Live-Set mit neuen und alten Songs zum 20er wieder richtig Gas geben zu können. Schaut euch auf unserem Bandcamp-Profil und unseren Social-Media-Seiten um oder seht euch bis dahin eine Live-Show von uns auf Youtube an. Bis dann, keep grinding!

Foto Credit Beitragsbild: Thomas Hude


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