Rotor Sieben Tour 2023 – Berlin Lido, 14.04.2023 – Live Review
Rotor, Super Raptor – Rotor Sieben Tour 2023
Veranstaltung: 14.04.2023, Lido Berlin
Herkunft: Deutschland
Tickets: €22 Vorverkauf, €25 Abendkasse
Genre: Instrumental Stoner Rock, Drum And Bass, Noise Rock
Den Auftakt der Rotor Sieben Tour 2023 mitzuerleben, bringt Vorfreude und heizt so im regenkalten Berlin mental ein. Pünktlich sein lohnt sich, da der Abend auch eine interessante Vorband zu bieten hat. Urzeitliche Dinosaurier stehen in Form von Super Raptor als erstes auf dem Programm. Da mir die Band unbekannt war, musste ich das Internet bemühen, um einen musikalischen Eindruck vorab einzufangen.
Die Rückkehr der Urzeitmonster
Laut Eigenauskunft sind die beiden Kreaturen von Super Raptor aus dem verseuchten Gebiet um Chernobyl entsprungen und zu den Beatles der späten Kreidezeit mutiert. Vor Urzeiten war die Musik noch roh, laut und urwüchsig und eigentlich gar nicht als eigentliche Musik bekannt. Von den Instrumenten her reduzieren sich Super Raptor auf zwei Bässe, ein rudimentäres Schlagzeug und Gesang. Wer jetzt vermutet, dass diese tiefste musikalische Frühzeit keine Verlockung bietet, der hat die Band noch nicht live gesehen.
Die Dunkelheit wird von feurigen Blicken zerrissen. Zwei Raptoren mit Bässen betreten die Bühne und lassen rot-glühende Laserstrahlen aus den Augen schießen. Der Rhythmus setzt ein und bietet simplen Drum and Bass Sound, wenn auch in einer ungewöhnlichen Form. Ein Raptor sitzt an der Schlagzeugruine und spielt dabei auch noch seinen Bass im Sitzen. Die andere Echse steht als Blickfang und verzerrt Bass und seine Stimmbänder.
Terrordactyl und Fossilizer
Geboten werden sieben Stücke, welche größtenteils von der ersten selbst betitelten Debüt EP stammen. Als Opener fungiert ein bisher unbekanntes Stück namens The Night. Dieses grooved schon ordentlich, bevor es mit On Time an den Opener ihrer EP geht. Die Kompositionen sind minimalistisch, aber immer dynamisch und bringt die Beine und Bäuche der Zuhörer im bereits gut gefüllten Lido zum Beben.
Der rock ’n‘ rollige, anarchistische Bass- und Schlagzeugrhythmus hat etwas noisiges, tanzbares und wird zusätzlich durch die coole Präsentation beider Raptoren aufgepeppt. Das Publikum feiert die Kreidezeitmusiker positiv ab und nach einer reichlichen halben Stunde verschwinden die Kreaturen zufrieden von der Bühne. Bei diesen Beiden gilt: Super Raptor muss man nicht nur gehört, sondern vor allem erlebt haben. Die Tracks The Night, One Time, Terrordactyl, Fossilizer, Slashed by the Claw, Happiness und Hell of …überzeugten jedenfalls.
Das bewährte Trio
Rotor sind bodenständige Musiker und lassen nicht lange auf sich warten. Nach kurzem Umbau betreten die drei Urmitglieder unter dem anerkennende Rufen des Publikums die Bühne. Wie wir schon vorher erfahren mussten, ist der zweite Gitarrist Martin leider erkrankt und die Band zieht die Tour als Trio, eine Besetzung wie zuletzt vor zehn Jahren, durch.
So prüft Bassist Marco ein letztes Mal die Aufreihung der Effektgeräte zu seinen Füßen, während Gitarrist Tim seine Crocs auszieht, in der Ecke platziert und in Socken seine Pedale prüft. Alles wird beobachtet vom Schlagzeuger Milan, der wohl gerade zur Tür rein ist, denn er trägt während der ersten Songs noch eine Pudelmütze. Kein Wunder, denn bei dem Wetter muss schönes Haar geschützt werden.
Von Drei bis Sieben
Eröffnet wird mit Reibach, einem Song vom aktuellen Song des Albums Sieben. Aber Rotor haben so viel gutes Material zu bieten, dass schon beim nächsten Song auf Gnade vom Album Vier zurückgegriffen wird. Das Publikum scheint fachkundig und bekundet schon bei den ersten Tönen der jeweiligen Songs Kenntnis und Begeisterung.
Trotzdem gibt es natürlich sehr unterschiedliche Reaktionen. Richtig ab geht es in der Menge bei den schnelleren Nummern wie Karacho-Heizer und Auf’s Maul. Mehr zum Genießen und auch zum Staunen sind solche Kompositionen wie Oktagon oder das ausufernde Mäander vom aktuellen Album.
Rotor spielen zum zweiten Mal dieses Jahr in Berlin und versuchen sich nicht in ihrer Setlist zu wiederholen. So gibt es bei diesem Konzert einen Hauptteil der Songs aus den Alben Vier und Fünf. Von der Drei gibt es besagtes Auf’s Maul, welches durch die Übertragung der Energie viel Bewegung die Reihen der Zuschauer bringt.
Stimmung, Restbier und ein Heimspiel
Rotor spielen instrumentale Rockmusik und so steht nirgends ein Mikrofon auf der Bühne. Keine Ansage ist notwendig und auch keine Kunstpause vor einer Zugabe. Die Band spielt und als Milan die Pudelmütze wieder aufsetzt, da ahnen alle, dass es auf die Zielgerade geht. Herrlich verspielt gibt es das fast zehnminütige Stück Druckverband, bevor mit Costa Verde noch etwas leichte Kost kommt. Tim an der Gitarre schaut zu seinen Kollegen, wohl um zu prüfen, ob man doch noch eine Lücke für Beifallsbekundungen des Publikums einschiebt. Aber die Band zieht durch und gibt das Finale in Form von Vollast. Das Publikum feiert die Band, welche sich in den Gesichtern erleichtert und glücklich zeigt.
Tim zieht die Schuhe an, Marco prüft die Bierflaschen auf Restinhalt und Milan sammelt die Trommelstöcke ein. Dann entschwinden sie in Reihe hinter den Vorhang. Das Licht geht an und das Publikum feiert. Es hätte wohl noch lange so weitergehen können. Selbst als ich schon das Vinyl am Verkaufsstand unter dem Arm habe, hört man sie noch nach Zugaben rufen. Doch heute ist hier Schluss. Alle schauen zufrieden und ich bin mir sicher, dass wir uns beim nächsten Mal alle wieder sehen, wenn Rotor in Berlin ein Heimspiel geben.
Setlist ROTOR:
01. Reibach
02. Gnade
03. Auf Grund
04. Karacho-Heizer
05. Schabracke
06. Mäander
07. Aufs Maul
08. Scheusal
09. Oktagon
10. Kahlschlag
11. Druckverband
12. Costa Verde
13. Vollast
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