Regnum Noricum – Nachgefragt bei Balor, Latovius und Taranis – Interview

Die Death/Black Metaller von Regnum Noricum melden sich mit ihrem zweiten Album Lost Legacy zurück. Im Interview spricht die Band über den steinigen Weg zur neuen Scheibe. Außerdem gibt sie uns Einblicke in die Welt der keltischen Mythologie und verrät uns, wieso Österreich ihrer Meinung nach ein guter Nährboden für extremen Metal ist.


Markus (Soundmagnet): Das neue und zweite Album „Lost Legacy“ kam im Jänner 2025 raus, die Release-Show liegt hinter euch. Ihr habt euch zwischen euren beiden Alben acht Jahre Zeit gelassen, ich vermute wegen Line-Up-Wechseln und Covid-19. Dazwischen gab’s nur eine Single in 2023. Ich vermute also, ihr habt jetzt richtig Bock drauf, eure neue Musik bei Gigs unters Volk zu bringen?
Taranis (Bass): Vollkommen richtig. Wir sind immer sehr motiviert für Live-Shows und jetzt natürlich ganz besonders, mit dem neuen Material. Leider haben wir bis jetzt für heuer noch nicht viele Gigs bestätigt, aber das kann ja noch werden.
Zu deiner Frage wegen des doch recht grossen Abstandes zwischen den Alben: Wie du sagst, kurz nach dem ersten Album sind beide Gitarristen aus der Band ausgestiegen, da sie andere Dinge im Leben priorisieren wollten. Dann ist D.N. dazu gestossen, der dann auch Silvano ins Boot geholt hat (beide Gitarristen zu diesem Zeitpunkt – Anm.). Zunächst lag der Fokus darauf, die alten Lieder zu proben, um wieder Live spielen zu können, bevor wir uns dem Schreiben neuer Songs widmen konnten. Dazu kommt noch mein Umzug nach Graz, was bedeutet, dass ich nur noch selten bei Proben dabei sein kann und wir gezwungen waren, unseren Songwriting-Prozess komplett zu ändern. Das hat zwar die Qualität unseres Songwritings verbessert, aber dennoch viel Zeit und Energie gekostet.
Früher entstanden fast alle Lieder bei Proben, meistens hatte irgendwer nur eine Idee für ein einzelnes Riff und der Rest wurde dann dazu gebastelt. Heute schreiben Silvano und ich mehr oder weniger fertige Song-Ideen, die dann gemeinsam überarbeitet werden. Schlagzeuger Apophis und Balor vervollständigen die Lieder mit Drums und Lyrics und dann bekommt das Ganze in den Proben noch den Feinschliff.

Es war ein langer steiniger Weg, aber wir sind letztendlich am Ziel angelangt und mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Balor (Gesang): Mit Eternal Wandering wollten wir dann endlich wieder ein Lebenszeichen von uns geben und unsere Fans darüber in Kenntnis setzen, dass wir wieder aktiv an neuen Stücken arbeiten. Jetzt dürfen wir euch unser zweites Album Lost Legacy präsentieren. Dieses haben wir im letzten Jahr gemeinsam mit Stefan Traunmüller produziert. Auch der Wechsel zu seinem Studio hat uns Zeit geraubt. Mitunter, weil uns die Entscheidung von Daniel von Hardbeat weg zu gehen nicht leichtgefallen ist, da wir sehr gern mit ihm zusammengearbeitet haben, es für uns aber nicht mehr sinvoll gewesen wäre. Aber es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung für uns.
Taranis: Dazu kommt noch, dass kurz bevor wir die Produktion des Albums starteten, D.N. ausgestiegen ist, was die Produktion nochmal etwas verzögert hat, da Silvano auch seine Parts auf der Gitarre einüben und spielen musste. Nach einer Weile haben wir Latovius als zweiten Live-Gitarristen gefunden, zu dem Zeitpunkt war das Album aber schon fast fertig. Es war ein langer steiniger Weg, aber wir sind letztendlich am Ziel angelangt und mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Balor: Nach der Live-Premiere sind wir nun hungrig auf mehr und hoffen, dass wir noch viele Gelegenheiten haben werden, unsere Lieder zu performen!

Keltentum in Österreich

Regnum Noricum-ArtworkMarkus: Euer Bandname spielt auf das Königreich Noricum an, das es vor langer Zeit auf dem Gebiet des heutigen Österreich gab. Euer Album heisst Lost Legacy. Offensichtlich seid ihr an Geschichte und Mythen interessiert. Woher stammt dieses Interesse?
Balor: Ich habe mich schon immer für Mythologie interessiert – nicht nur für die keltische, auch andere polytheistische Religionen finde ich sehr spannend. Für mich persönlich ergibt es einfach mehr Sinn, an mehrere Götter zu glauben, als nur an einen einzigen. Als es damals zur Gründung unserer Band kam, wollte ich anfangs die nordische Mythologie besingen, habe dann aber die Idee gehabt, mich in den Texten bei der Geschichte und Mythologie unserer Region zu bedienen und daher haben wir uns für den Bandnamen Regnum Noricum entschieden.
Im Gegensatz zum ersten Album, das sich im Wesentlichen mit kriegerischen Handlungen befasst, auch wenn es schon mythologische und spirituelle Themen beinhaltet, wollten wir im neuen Album den Fokus vollkommen auf Rituale, Mythen und Spiritualität legen. Ich versuche, mich beim Schreiben der Texte in die Gedankenwelt der damaligen Zeit zu versetzen. Dazu bediene ich mich unterschiedlicher Überlieferungen und lasse mich von diesen inspirieren. Ich erzähle diese aber nicht einfach nach, sondern füge meine persönliche Note hinzu.
Taranis: Ich halte es an dieser Stelle für wichtig zu sagen, dass wir keine Historiker oder Kulturwissenschaftler, sondern Musiker sind und auch nicht versuchen, in unseren Liedern historische Tatsachen darzustellen oder Mythen Eins zu Eins wiederzugeben. Im Rahmen der Band schlüpfen wir in unsere jeweiligen Rollen und versuchen das Publikum auf eine Reise in eine ferne, vergessene Welt mitzunehmen.

Es geht um die keltische Kultur und deren vermeintlichen Untergang. Es haben zwar einige Teile dieser Kultur bis heute überlebt, aber oft kennen die Menschen ihren Ursprung nicht mehr.

Markus: Was genau ist für euch die Lost Legacy, die als eine Art loses Konzept auf dem Album behandelt wird?
Taranis: Wie schon gesagt geht es um die keltische Kultur und deren vermeintlichen Untergang. Es haben zwar einige Teile dieser Kultur bis heute überlebt, aber oft kennen die Menschen ihren Ursprung nicht mehr, wie beispielsweise Halloween seinen Ursprung in Samhain hat.
Balor: Aus meiner Sicht ist das der Christianisierung geschuldet. Christliche Feste wurden zur selben Zeit festgesetzt, als keltische Feste gefeiert wurden. Dadurch wurden diese Feste vereinnahmt. Die keltische Mythologie und Kultur hat unglaublich viel zu bieten und hat es verdient, besungen zu werden. Ausserdem halte ich es für wichtig, dass Menschen ihre Wurzeln kennen und darauf spielt der Titel an.
Taranis: Ich interpretiere den Titel als auch das Ende des Textes des Titellieds „From Ashes we rise – Fearless and Brave“ aber auch in gewisser Weise sinnbildlich für unsere Bandgeschichte. Auch wenn es lange still um uns war, sind wir noch da. Unsere Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt.

Metal im Alpenland

Markus: Österreich ist interessanterweise ein guter Nährboden für Black Metal sowie Black/Death Mischformen in all ihren Facetten. Woran liegt das eurer Meinung nach?
Taranis: Gute Frage. Ich würde sagen, Österreich hat über die Jahre generell viele grossartige Musiker hervorgebracht. Warum genau Black Metal oder Black/Death hier gut zu gedeihen scheint? Vielleicht sind es die finsteren nebelverhangenen Berghänge, oder vielleicht ist es die erzkatholische Geschichte des Landes, die den Leuten sauer aufstösst. Keine Ahnung. Auf jeden Fall ist es eine Ehre, ein Teil dieser starken Szene zu sein.
Latovius (Gitarre): Österreich hat eine lange Tradition grossartiger Black Metal Bands, die international leider oft übersehen wird. Zwei unserer dienstältesten Bands, Abigor und Summoning, haben einen Klangkosmos zwischen tiefschwarzer Raserei und atmosphärischer Kulisse aufgespannt, wo alle möglichen Formen des Black Metals gedeihen. Siehe etwa den Black/Death Metal von Belphegor, Atmosphärisches wie Ellende, Okkult-Mystisches wie Portae Obscuritas oder Kosmisches wie The Negative Bias. Natürlich spielen auch unsere Natur, Geschichte und allgemeine Mentalität eine Rolle.

Es gibt einfach kein geileres Gefühl als auf der Bühne zu stehen und die Energie des Publikums zu spüren.

Markus: Ihr bezeichnet euch als „Gruppe von Freunden“. Heutzutage ist es ja fast unmöglich, mit Musik noch Geld zu verdienen. Was treibt euch trotzdem an, weiterzumachen? Die Band gibt es ja bereits seit 2014 – ihr habt somit schon einen längeren Atem bewiesen als viele andere Bands im Underground.
Taranis: Es macht einfach Spaß. Vor allem, Live zu spielen. Es gibt einfach kein geileres Gefühl als auf der Bühne zu stehen und die Energie des Publikums zu spüren. Aber auch neue Lieder zu schreiben, diese dann gemeinsam in den Proben auszuarbeiten und einzuüben und dann im Studio das ganze zur Vollendung zu bringen – Musik machen ist einfach unglaublich erfüllend und wir gedenken nicht, in nächster Zeit damit aufzuhören. Geld damit zu verdienen wäre zwar super, vor allem weil das bedeuten würde, sich noch intensiver der Musik widmen zu können, ist aber definitiv bei weitem nicht der grösste Motivator. Wir sind schon froh, wenn wir zumindest einen Teil unserer Kosten mit Einnahmen durch Merch-Verkäufe und so wieder rein bekommen.

Markus: Gibt es noch etwas, das ihr euren Fans und unseren Lesern zum Abschied sagen wollt oder mit auf den Weg geben möchtet?
Alle: Ein herzliches Dankeschön an alle, die uns über die Jahre unterstützt haben und uns auch durch diese lange Durststrecke treu geblieben sind. Aber auch danke an die, die jetzt neu dazugekommen sind. Wir freuen uns wirklich sehr über jeden einzelnen Stream und über jedes Stück Merch das sich jemand kauft. Für eine kleine Band wie uns ist das nicht selbstverständlich und wir wissen das sehr zu schätzen. Wir haben gehofft mit dem neuen Album ein starkes Lebenszeichen zu setzen, das scheint uns durchaus gelungen zu sein. Das Feedback ist bis jetzt auf jeden Fall recht positiv. Hoffentlich sehen wir viele von euch bei Konzerten in der Zukunft. Und eines können wir auf jeden Fall versprechen – mit dem nächsten Album lassen wir nicht so lange auf uns warten.


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