Queensrÿche – Digital Noise Alliance – Album Review
Queensrÿche – Digital Noise Alliance
Herkunft: USA
Release: 07.10.2022
Label: Century Media Records
Dauer: 01:00:29
Genre: Progressive Heavy Metal / Hard Rock
Queensrÿche sind seit ihrem 1988er Album Operation: Mindcrime wohl jedem Fan von progressivem Metal-Sound ein Begriff. Spätestens seit der Entlassung von Gründungsmitglied und Sänger Geoff Tate sowie dem dazugehörigen Rosenkrieg sind sie zudem ein Garant für Diskussionen in den sozialen Medien. „Früher war alles besser!“ versus „Gebt den neuen Sachen doch wenigstens eine Chance“ – diese Debatten kennt man als Metalfan ja zur Genüge von Facebook und Co.
Die Band lässt sich davon jedenfalls nicht beirren und veröffentlicht mit Digital Noise Alliance das bereits sechzehnte Album in ihrer langen Karriere. Wie für viele andere Combos auch, hat die Corona-Pandemie für Queensrÿche einen harten Einschnitt dargestellt. „Sich selbst überlassen zu sein, hat eine Menge Gefühle hervorgerufen“, erklärt Gitarrist Michael Wilton. „Es war eine merkwürdige, seltsame Zeit, in der man nicht wusste, ob man das Licht am Ende des Tunnels sehen würde.“ Bassist Eddie Jackson fügt außerdem hinzu: „Aber das Wichtigste für uns war, das zu tun, was wir immer getan haben, nämlich weiterhin Musik zu machen, selbst im Angesicht von Widrigkeiten.“
Alt und Neu vereint?
Digital Noise Alliance weist, inklusive Bonustrack, eine stolze Spielzeit von 60 Minuten auf. Die Band versucht in den neuen Songs, eine Brücke zwischen ihren alten Alben und aktuelleren Werken zu schaffen. Oder mit den Worten von Sänger Todd La Torre ausgedrückt: „Wir sind alle Verfechter bestimmter Merkmale, die den Sound der Band ausmachen. Die Herausforderung für uns besteht darin, diese Geschichte und die Nuancen, die für die Band wichtig und wahr sind, aber sich trotzdem modern anfühlen, miteinander zu verbinden.“
Man könnte also auch sagen: Queensrÿche versuchen sich selbst treu zu bleiben und sich simultan weiter zu entwickeln. Das Resultat könnte zwischen der progressiven, Eier legenden Wollmilchsau und einem totalen Rohrkrepierer somit alles sein. Es könnte die Fans verschiedener Schaffensphasen vereinen oder alle auf einmal abschrecken, es könnte Nörgler bestätigen oder Die-Hard-Fans jubeln lassen. Aber tut es das auch? Die Antwort ist ein klares Jein.
Wälder und Mauern
Die Songs pendeln in typischer Queensrÿche Manier zwischen ausladenden Song-Strukturen und einprägsamen Gitarrenlinien, wobei erstere aber klar die Oberhand behalten. Dazwischen befinden sich erneut ruhige Nummern mit Fokus auf einprägsamen Gitarrenlinien und atmosphärischem Gesang, beispielsweise das HIER vorab veröffentlichte Forest. Klar, so etwas wirkt immer ein wenig cheesy – aber hey, die Band gehört zu den Vorreitern dieses Sounds, also darf sie das. Außerdem zählen die (Halb-)Balladen von Queensrÿche musikalisch zum Besten, was diese Band bisher geschrieben hat – egal in welcher Schaffensphase.
Wer es lieber ein wenig rauer mag, der sollte sich Behind the Walls anhören. Die Nummer ist ein Band-typischer Midtempo-Stampfer, inklusive mitgröhlbarer Passagen, abgehackter Gitarrenriffs sowie grooviger Rhythmusfraktion und dem ein- oder anderen Klangteppich. Nicht der beste Song aus dieser Kategorie, aber auch alles andere als schlecht. Den Beweis findest du HIER.
Fehlende Widerhaken
Insgesamt schallt Digital Noise Alliance für ein Spätwerk einer alteingesessenen Combo recht hochwertig aus den Boxen. Der letzte Widerhaken, der sich im Ohr des Hörers verhakt und diesen nicht mehr loslässt, fehlt den Songs jedoch. Weniger geschwollen ausgedrückt: Die Lieder sind gut, aber allzu viel bleibt davon nicht hängen. Den einen großen Hit gibts zudem auch nicht, was ohnehin nicht nötig wäre – wenn das Album an sich fesselnder wäre, zumindest.
Abgesehen vom wirklich starken Billy Idol Cover Rebel Yell brennt sich nämlich kein Song, kein Riff und keine Passage besonders in die Gehörgänge. Das Album ist deswegen noch lange kein Rohrkrepierer, aber von der eingangs erwähnten progressiven und Eier legenden Wollmilchsau auch recht weit entfernt. In einem Satz zusammengefasst: Fans der Band werden auch Digital Noise Alliance mögen, während Gelegenheitshörer zwischenzeitlich immer wieder mal auf die Weiter-Taste drücken werden.
Fazit
Digital Noise Alliance ist durch und durch Queensrÿche. Das ist Kompliment und Kritik zugleich, denn die Band spielt nun einmal ihr selbst geschaffenes, ganz eigenes Genre – sie hat dabei aber auch schon einmal besser performt. Wer die Band mag und nicht automatisch alles nach Operation: Mindcrime aus Prinzip schlecht findet, der wird aber zufrieden gestellt. 6,5 / 10.
Line Up
Eddie Jackson – Bass
Michael Wilton – Gitarre
Todd La Torre – Gesang
Casey Grillo – Schlagzeug
Mike Stone – Gitarre
Tracklist
01. In Extremis
02. Chapters
03. Lost in Sorrow
04. Sicdeth
05. Behind the Walls
06. Nocturnal Light
07. Out of the Black
08. Forest
09. Realms
10. Hold On
11. Tormentum
12. Rebel Yell (Bonus Track)
Links
Webseite Queensrÿche
Facebook Queensrÿche
Instagram Queensrÿche
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