Ozzy Osbourne – Patient Number 9 – Album Review
Ozzy Osbourne – Patient Number 9
Herkunft: Birmingham / UK
Release: 09.09.2022
Label: Epic Records
Dauer: 01:01:21
Genre: Heavy Metal
Zweieinhalb Jahre nach der letzten Veröffentlichung, mehreren Tourabsagen und diversen Krankengeschichten, die sein musikalisches Schaffen der letzten Jahre in der Berichterstattung überdeckten, erscheint bereits Ozzy Osbournes dreizehntes Studioalbum. Das Wort bereits muss man in diesem Fall benutzen, weil zwischen den Vorgängern Scream von 2010 und Ordinary Man aus dem Jahr 2020 ganze zehn Jahre lagen.
Zum neuen Album getrieben hat ihn die Untätigkeit durch Erkrankungen und Pandemie. Er selbst spricht in Interviews davon, dass die Beschäftigung mit Patient Number 9 für ihn eine überlebenswichtige Therapie gewesen ist, um nicht zu vereinsamen und durchzudrehen. Der Ozzy kann seinen Hintern eben nicht lange stillhalten und will auf die Bühne oder wenigstens ins Studio um sich zu beweisen. Habe ich beim Vorgängeralbum Ordinary Man aufgrund seiner Mittelmäßigkeit von einem Review abgesehen, kann ich aber beim aktuellen Album nicht mehr an mich halten.
Gedanken am Punkt Null
Das liegt vor allem daran, dass es besser ausgefallen ist als erwartet. Um als eingefleischter Fan nicht aus allen Wolken zu fallen bin ich mit einer Erwartungshaltung von fast Null an den Start gegangen. Viele alteingesessene Fans machen den Fehler im Jahre 2022 von Ozzy Osbourne ein Album abzuverlangen, was an seine 1980er Glanzwerke und die Erfolge bis No More Tears anknüpft.
Doch das ist schon aus vielen Gründen unrealistisch und unwahrscheinlich. Ozzy ist älter geworden und hat ein Recht darauf sich und seine Musik zu entwickeln und zu wandeln. Das mag nicht jedem gefallen, aber auch andere Rockdinosaurier wie Metallica und Iron Maiden klingen nicht mehr wie vor über zwanzig Jahren.
Des Weiteren sind die 1980er Alben aus einem festen Bandgefüge heraus, mit jungen und hungrigen Musikern, entstanden. Doch das ist Geschichte und Ozzy Osbourne hat sowohl als Liveband und auch als Studiomusiker in den letzten zwanzig Jahren stetig wechselnde Besetzungen. Aufgrund des hohen Ansehens, ja teilweise schon Kultes, welches um sein Soloschaffen und auch seine Zeit mit Black Sabbath entstanden ist, sind auch renommierte Namen zu einer Zusammenarbeit bereit.
Um auf dem schrumpfenden Musikkäufermarkt neue Käuferschichten zu erschließen bedient sich Ozzy und sein Management geschickt der Einbindung von prominenten Namen. Deshalb wurden auf dem Vorgängeralbum mit dem Rapper Post Malone und dem gestandenen Sir Elton John schon Zielgruppen weitab des sonst üblichen Genres Heavy Metal bedient.
Ein Auflauf an Saitenhexern
Diese Vorgehensweise ist auch auf Patient Number 9 wieder der Fall. Eine beachtliche Schar an Könnern an den Saiteninstrumenten haben sich eingefunden. Gleich im Titelsong zeigt Jeff Beck an der Gitarre, wie viel ein Gitarrensolo zum Gelingen beitragen kann und veredelt so den Titelsong, wie man HIER anhören kann. Das wird er später auch noch ein zweites Mal bei der gefühlvollen Nummer A Thousand Shades tun und dieser doch harmlosen Nummer noch Kontur verpassen.
Mike McCready, sonst Gitarrist bei Pearl Jam, prägt das stampfend nach vorne treibende Immortal.
Im Hintergrund teilen sich die Bassisten Rob Trujillo von Metallica und Duff McKagan von Guns-N’-Roses den Job auf dem Album. Die Schlagzeugarbeit haben sich Chad Smith von den Red Hot Chili Peppers und der im März diesen Jahres verstorbene Taylor Hawkins von den Foo Fighters geteilt.
Die treue Seele an Ozzys Seite ist Zakk Wylde. Immer wenn Hilfe von Nöten ist, springt er zu Seiten des Madman. Sein aktueller Einsatz startet bei Parasite, dass mit seinem rotzigen Riff auch vom Vorgängeralbum Ordinary Man stammen könnte.
Mit No Escape From Now gibt Tony Iommi seinen Einstand auf einem Soloalbum von Ozzy. Wie zu erwarten ist das Riff dunkel und gewaltig. Die Gesangslinie erinnert in Teilen schon gewaltig an Zeitgeist vom letzten Black Sabbath Album 13 und auch Tony Iommi’s Monsterriff im zweiten Teil könnte man fast als Alternativversion von Is God Dead? werten.
Sehr gespannt war ich auf den Beitrag von Eric Clapton bei One Of Those Days. Ganz anders sein Herangehen und sein Beitrag zum Song. Wärend Ozzy kräftig und mit reichlich Unterstützung von Synthesizern abrockt, gibt Mr. Slowhand anfangs einen bedachten und fast zurückhaltenden Beitrag ab. Erst ab dem Solo hält er mit seinem Spiel dagegen und setzt deutliche eigene Akzente mit seinem Spiel.
Jeder bekommt eine zweite Chance
Die meisten Einsätze und Erwähnungen als Sologitarrist hat Zakk Wylde. Er darf nach Parasite noch weitere drei Mal an der Klampfe sein Können beweisen. Die Ergebnisse fallen sehr unterschiedlich aus. Startet Mr. Darkness fast zart, so knallt die Produktion sobald Zakk in die Saiten greift. Nothing Feels Right trägt viel vom Album Ozzmosis in sich. Der Song ist in sich mehr ausgewogen und gefällt.
Könnte man vermuten, dass das schwerste Riff auf dem Album von Tony Iommi aus dem Ärmel geschüttelt wird, dann zeigt uns Evil Shuffle das Gegenteil. Zakk Wylde startet hier derart heavy und dreckig, dass es eine Freude ist. Trotzdem verfranzt sich der stampfende Song nach einem Break und selbst das Aufheulen der Gitarre am Ende bringt die vertane Chance nicht zurück.
Die zweite Vorauskopplung des Albums ist Degradation Rules featuring Tony Iommi. Auch hier überwiegt, dank des fetten Riffs, der Black Sabbath Anteil gegenüber Ozzys Soloarbeit. Wieder ist nicht von der Hand zu weisen, dass im Verlauf von Degradation Rules bereits bekannte und vorhandene Teile von anderen Black Sabbath Songs zitiert werden.
Was das Album zusammenhält
Bei so vielen Solokünstlern, die durch unterschiedliches Spiel glänzen ist schon sehr viel Geschick und Können notwendig um eine Einheit zu formen. Die graue Eminenz im Hintergrund ist der Produzent Andrew Watt, der zusätzlich weitere Instrumente wie Piano und Keyboards einspielte und für den Backgroundgesang verantwortlich ist.
Deshalb ist es nur gerecht, dass die letzten drei Songs des Albums ohne das Featuring eines großen Gitarristen auskommen. Das hört man auch sofort, denn Dead and Gone und God Only Knows klingen in ihrer Gesamtheit ausgeglichener, weil der Fokus nicht nur auf eine bestimmte Person an der Gitarre ausgerichtet ist. Besonders Dead and Gone hat es mir angetan. Der geradezu entspannt wirkende Song entwickelt sich bei mehrmaligem Hören zum heimlichen Favoriten und kann HIER gehört werden. Das folgende God Only Knows schaltet einen Gang herunter. Der Song hat Gefühl, verfehlt aber den ganz großen Wurf, denn zu trivial ist der Refrain und die Hahaha Gesänge wirken zu schmalzig.
Der Rausschmeißer Darkside Blues ist ein Außenseiter. So stelle ich es mir vor, wenn Ozzy von der Bühne kommt und völlig aufgedreht ist. Langsam lässt das Adrenalin nach. Der ganze Körper geht in Ruhe zurück und der Geist geht down. Doch der Text des kurzen halligen Bluesstücks erzählt uns eine andere Geschichte. Es geht um die große Liebe und krumme Sachen, die man macht um die Schöne mit einem Ring zu beeindrucken. Ein schräger, aber passender Abschluss für ein auf Erfolg getrimmtes Album voller großer Namen.
Fazit
Patient Number 9 ist aufgrund der Dichte an wahren Könnern wesentlich besser ausgefallen als Ordinary Man. Das Ozzy Osbourne sich noch einmal aufrafft, auf das berechnende Business pfeift und aus dem Bauch heraus ein Album mit Zakk Wylde einspielt, wäre ein Traum. Bis dahin hören wir das gute, aktuelle Album. 7,5 / 10
Line Up
Ozzy Osbourne – Gesang
Duff McKagan – Bass
Rob Trujillo – Bass
Jeff Beck – Gitarre
Zakk Wylde – Gitarre
Tony Iommi – Gitarre
Josh Homme – Gitarre
Mike McCready – Gitarre
Chad Smith – Schlagzeug
Taylor Hawkins – Schlagzeug
Andrew Watt – Piano, Keyboards, Backgroundgesang
Tracklist
01. Patient Number 9 (feat. Jeff Beck)
02. Immortal (feat. Mike McCready)
03. Parasite (feat. Zakk Wylde)
04. Mr. Darkness (feat. Zakk Wylde)
05. One of Those Days (feat. Eric Clapton)
06. A Thousand Shades (feat. Jeff Beck)
07. No Escape From Now (feat. Tony Iommi)
08. Nothing Feels Right (feat. Zakk Wylde)
09. Evil Shuffle (feat. Zakk Wylde)
10. Degradation Rules (feat. Tony Iommi)
11. Dead and Gone
12. God Only Knows
13. Darkside Blues
Links
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