Maere – Nachgefragt bei C. – Interview
Am 31.01.2020 überraschten uns Maere mit Ihrem obskuren Death Metal Debüt I. An meinem Review könnt ihr sehen, welch bleibenden Eindruck die Nordlichter bei mir hinterließen. Also schnappte ich mir kurzerhand die Jungs um sie mit ein paar Fragen zu löchern. Diese beantwortete mir C. (Bassist) im Namen der Band ausführlich und zeigt welch interessantes Konzept hinter I steckt.
Frank: Moin, moin aus Wien, mit I habt Ihr einen Death Metal Brocken kreiert, der durch Mark und Bein geht. Erzählt mir mal, wie lange habt Ihr an den Songs geschrieben und gibt es eine bestimmte Geschichte zum Albumtitel oder gar ein Konzept?
C.: Hallo Frank. Erst einmal vielen Dank für das Interesse an unserem Debut, und Deinem Urteil zu „I“. Was Deine Fragen angeht: Tatsächlich sind die ersten Ideen für die Songs, die sich nun auf „I“ befinden, schon 2014/2015 entstanden, bis sie dann aber ihre jetzige, endgültige Form angenommen haben, ist (aus unterschiedlichen Gründen) einiges an Zeit ins Land gegangen – bis circa 2017.
Die Texte der Songs folgen in der Tat einem bestimmten (Ideen-)Konzept, können aber so auch für sich alleine stehen: Grundlage ist immer die menschliche Hybris, die (fast zwangsläufig) in Gottkomplex(en), Wahnsinn und Zerstörung mündet, also ihre sprichwörtliche Nemesis findet. Diese Entwicklungsstufen werden (zumindest ist das die ursprüngliche Intention, inwieweit es mir gelungen ist, mögen andere beurteilen) in den Texten nachgezeichnet, wobei die originären Impulse, die schlussendlich zum Verfassen eines Textes führen, relativ weit gestreut sein können: Es reicht von wuchernden Krebszellen über aktuelle autoritäre politische Entwicklungen bis zum Fermi-Paradoxon, bzw. der Idee des „großen Filters“. Erzählt (in weiten Teilen) aus einer „Ich“-Perspektive werden die verschiedenen Stadien durchlaufen, der Aufstieg, der Niedergang, der endgültige Zerfall.
Das Gedicht von John Clare „I am“ (welches er im Übrigen in einer psychiatrischen Klinik verfasste – hier schließt sich der Kreis…), passte in diesem Kontext einfach zu gut, weshalb wir uns schließlich entschlossen haben, es zu verwenden – und in all seiner Melancholie und der in ihm beschriebenen Einsamkeit und „Weltvergessenheit“ setzt es dann doch noch einen (kleinen) Hoffnungsschimmer.
Frank: Die Aufnahme klingt sehr basslastig und überzeugt dennoch mit Natürlichkeit. In welchem Studio wurde die EP aufgenommen?
C.: Aufgenommen wurde die CD (DIY) sowohl in unserem Proberaum, in dem wir uns ein kleine Projektstudio eingerichtet haben…. Moderne Recording-Software macht es möglich, und zu unserem Glück haben wir mit Ingo jemanden in der Band, der sowohl mit der entsprechenden Soft- als auch Hardware umzugehen weiß, was es uns überhaupt erst ermöglicht hat, das Material über einen längeren Zeitraum einzuspielen – ein „normales Studio“ wäre da schlichtweg nicht praktikabel gewesen. Was Deinen Eindruck bzgl. des Sounds der Scheibe angeht, bin ich nun fast ein bisschen überrascht: Ich empfinde ihn als relativ neutral, mit einer leichten Betonung der Höhen – auf der anderen Seite bin ich Bassist, insofern vielleicht auch nicht ganz unvoreingenommen in dieser Hinsicht ;-). Was wir auf jeden Fall erreichen wollten, war ein natürlicher, nicht überproduzierter, „zu glatter“ Sound.
Frank: Ich persönlich finde eure Songs sehr vielseitig und höre sehr viele Morbid Angel-Vibes raus. Ist jeder in der Band am Songwriting beteiligt?
C.: Beteiligt sind am kreativen Prozess alle: Mære ist kein „XY plus Begleitmusiker“-Produkt. Und gerade das macht auch einen Teil der Stärke aus: Ideen werden präsentiert, dekonstruiert, zerpflückt, von innen nach außen gekehrt und spiegelverkehrt wieder zusammen gebaut – so entstehen (zumindest bis jetzt) unsere Songs.
Ja, das ist ein langwieriger, teilweise extrem anstrengender Prozeß – wichtig ist uns hier nur, daß das Ergebnis stimmt: Atmosphärischer, dunkler, verwirrender (obskurer) Deathmetal, der auch durchaus mit den Konventionen des Genres bricht.
Ja, natürlich lassen sich bei uns auch Einflüsse von Morbid Angel (die in meinem Teil des Universums im Übrigen nach „Heretic“ aufgehört haben, Alben zu produzieren…) festmachen, und Ulcerate, Gorguts, Immolation… Aber eben auch Neurosis, Cult of Luna oder Fields of the Nephilim (letztere zumindest was den Bass anbelangt)
Frank: Ganz interessant finde ich euer Label Lavadome, welches mir vorher noch nicht bekannt gewesen ist. Wie ist die Kooperation mit Jan (Labelgründer) entstanden und wie seid ihr mit der Zusammenarbeit zu dem Zeitpunkt zufrieden?
C.: Ich hatte im Vorfeld ein paar Mal mit Jan als Kunde Kontakt – Das Ad Nauseam Album ist eine meiner Lieblings-CDs im Bereich des „dissonanten“ Metal. Lange rede, kurzer Sinn: Als wir die Aufnahmen beendet hatten, habe ich ihm zwei Songs zukommen lassen, und schließlich hat er sich bereit erklärt, unsere EP zu veröffentlichen. Bis jetzt sind wir mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden – Jan ist ein wirklich „Besessener“, wenn es um Musik geht, und das merkt man ihm bei der Arbeit rund um die Veröffentlichung an. An dieser Stelle daher: Volle Zufriedenheit. Ich denke, Lavadome ist ein Label, von dem der Underground noch einiges hören wird….
Frank: Hat es einen bestimmten Hintergrund, warum Ihr eure Namen im Line-Up hinter römischen Zahlen versteckt?
C.: Hintergrund ist/war, daß wir als einzelne Personen hinter der Musik quasi „verschwinden“ wollten, das dunkle, geheimnisvolle zu betonen versuchten. Die Anonymität sollte helfen, den Fokus allein auf die Musik zu richten – in Zeiten von Social media und Encyclopaedia Metallum aber (leider) ein fast unmögliches Unterfangen….. Das „Versteckspiel“ klappt also nur bedingt.
Frank: Ist es in naher Zukunft absehbar, dass Ihr I live präsentiert?
C.: Wir haben im Oktober des letzten Jahres tatsächlich unser live-Debut absolviert. Zu unserer Zufriedenheit, wie ich an dieser Stelle gerne feststellen möchte. Gerne würden wir nun „I“ (und auch neues Material, welches gerade im Entstehen ist, und sich in eine sehr, sehr spannende und vielversprechende Richtung entwickelt) live vorstellen. Bedauerlicherweise sind wir immer noch auf der Suche nach einer geeigneten Person für die zweite Gitarre, da uns Sascha (Gründungsmitglied) einige Zeit nach den Aufnahmen verlassen hat – ohne streit oder böses Blut. Er hat nur einfach für sich das Interesse an dieser Art von Musik verloren, und hat dann (verständlicher- und konsequenter Weise) die Band verlassen.
Bedeutet: Auftritte müss(t)en wir aktuell mit Gast-Musikern bestreiten, was zwar funktionieren kann (wie sich ja auch im Oktober gezeigt hat), aber eben auch keine Dauerlösung sein kann/soll. Dummerweise wachsen Gitarristen, die mit dieser Art von Sound etwas anfangen können, zuverlässig sind und das Ganze dann auch noch spielen können (zumindest hier) nicht auf den sprichwörtlichen Bäumen. Aber das soll uns nicht abhalten.
Frank: Mal was komplett anderes. Wie groß ist die Metal-Szene in Oldenburg und Umgebung? Gibt es Lokalitäten, die ihr einem Wiener oder Südländer (hahaha) empfehlen könnt?
C.: Die Metal-Szene hier in der Umgebung (Oldenburg, Bremen, Ostfriesland) ist ziemlich stark, von Tech-Death (Fetocide) über Black (Funeral Procession) bis Oldschool-Death (Graveyard Ghoul und natürlich Slaughterday) ist hier eine Menge an starken Bands vorhanden. Empfehlenswerte Lokalitäten: MTS Oldenburg. Eigentlich ein Platten-Laden (ja, so richtig mit Vinyl….) mit angeschlossener Carrera-Bahn, in welchem mehrmals in der Woche Metal-Konzerte in einer sehr intimen Atmosphäre stattfinden. Organisiert werden diese meist vom Hellpower e.V., einem Verein, der sich der metallischen Subkultur verschrieben hat, und mit sehr viel Einsatz und Herzblut auch namhafte Acts nach Oldenburg holt. Solltest du also mal nach Oldenburg kommen, lohnt sich hier sicherlich ein Besuch.
Frank: Abschließend möchte ich mich dafür bedanken, dass Ihr euch Zeit für mich genommen habt und hoffe euch einmal in Wien begrüßen zu dürfen. Viel Erfolg mit I.
C.: Wir haben zu danken. Einem Besuch in Wien sind wir sicherlich nicht abgeneigt – ob sich das allerdings organisieren lässt? Bis dahin: Alles Gute und Danke für Dein Interesse an Mære.
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