Kjell Braaten – Ferd – Album Review
Kjell Braaten – Ferd
Herkunft: Norwegen
Release: 13.11.2020
Label: BY NORSE MUSIC
Dauer: 56:47
Genre: World Music / Folk
Der überaus vielbeschäftigte Kjell Braaten hat eine sehr breite Palette an Aktivitäten, sowohl was Musik als auch was andere Formen der Kunst und soziales Engagement angeht. Seit Ende der Neunziger hat er an diversen Projekten mitgewirkt, welche die ursprüngliche nordische Musik behandeln, unter anderem Ehwaz und Wardruna.
Für sein neues Album Ferd (Ferd steht für Reisen oder Erkunden) verbrachte er viel Zeit in der skandinavischen Natur und an historischen Stätten. Seine Mischung aus World Music, Folk und Ambient sieht er selbst allerdings nicht als direkte Rekonstruktion der alten Klänge, was nahezu unmöglich sei, sondern als moderne Musik mit Inspiration und Einflüssen aus der Vergangenheit. Seine Philosophie ist es, aus der Geschichte zu lernen und stets auch den Austausch zwischen den Kulturen zu suchen.
Jeder Song auf dem Album wurde im aufwändigen Booklet mit einer eigenen Geschichte versehen und von einem unterschiedlichen Künstler illustriert, zudem sind mehrere Gastmusiker vertreten. Die Instrumente decken ein breite Palette von verschiedenen Einflüssen nicht nur aus dem skandinavischen Raum ab.
Von fernen Ländern
Das erste Lied Kyst, das auf Norwegisch Küste bedeutet, behandelt die enorm lange norwegische Küstenlinie und versucht, die Gefühle wiederzuspiegeln, die die Menschen in der Vergangenheit spürten, als sie sich mit ihren Schiffen ins Unbekannte aufmachten. Traditionelle Percussion-Rhythmen und Blasinstrumente sowie mehrstimmige Gesänge wechseln sich ab mit akustischen Saiteninstrumenten und wunderschönem weiblichen Gesang.
Vestarveg (Weg nach Westen) beeindruckt mit Violinen und Flöten, ein sehr ruhiges und meditatives Stück, das zum Träumen anregt, diese Atmosphäre führt auch Skogsflukt gekonnt weiter. Vette beginnt skurril mit hölzernen Knarz- und Raschelgeräuschen und erinnert an einen Streifzug durch einen endlosen Wald. Der kürzeste Song Østavind fesselt mit wirklich interessanter Percussion-Arbeit, die hypnotisch und eingängig zu tranceähnlichen Zuständen führen kann.
Sphärische Klänge, dunkle Omen
In Storebjørn kommen schamanisch anmutende weibliche Vocals zum Einsatz, und der sphärische Song klingt mit dem tiefen Klang eines Blasinstruments aus. Ritet bietet hymnisch-zeremonielle Schlachtgesänge, Huldra sanfte Frauenstimmen mit viel Hall und Maultrommeln und den dieses Album auszeichnenden hypnotisierenden Rhythmen. Blåne kommt wie ein großer bedrohlicher schwarzer Schatten daher, ein düsteres Omen, bleibt aber über eine Spielzeit von fast acht Minuten leider etwas abwechslungs- und spannungsarm.
Zum Abschluss folgt mit Ferd der Titeltrack, eingeleitet mit einem Horn erklingt tiefer, klagend trauriger Gesang. Später gesellen sich noch glockenhelle weibliche Vocals hinzu, und man hört leise die Geräusche von Rudern im Wasser, ein atmosphärischer Abschluss für diese ungewöhnliche Platte.
Fazit
Dieses Album ist eher ein Gesamtkunstwerk, einzelne Songs hervorzuheben macht weniger Sinn, es sollte am Stück gehört werden. Wenn man sich auf die Thematik, die Instrumentierung und die hypnotische Stimmung einlässt, kann es einen in längst vergangene Zeiten zurückversetzen. Kjell und die beteiligten Musiker überzeugen mit ihrem Können und dem Gespür für Atmosphäre und Historie. Meine Wertung: 7 / 10.
Line Up
Kjell Braaten
Gastmusiker:
Martine Kraft
Marit Hætta Øverli
Runahild Kvitbjarkan
Gustav Holberg (Astralseid)
Espen Winther und Hilde Mitgard (Eldrim)
Tyra Rachel Torp- Bangsrud und Ruben Gentekos (Agdir)
Illustratoren:
Fátima Acerson
Viktoria Nilsson
Renée M. Pedersen
Vilja Berli-Johnsen
Markus Wande
Sarah Marchal
Hoshi No Ame
Vibeke Koehler
Carolina del Pino Martinez
Tracklist
01. Kyst
02. Vestarveg
03. Skogsflukt
04. Vette
05. Østavind
06. Storebjørn
07. Ritet
08. Huldra
09. Blåne
10. Ferd
Links
Facebook Kjell Braaten
Webseite Kjell Braaten
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