Ernte – Nachgefragt bei Witch N. und Noir – Interview
Ernte fangen mit ihrem Nachfolgealbum Albsegen da an, wo sie bei ihrem Debüt Geist und Hexerei aufgehört haben: Gnadenloser klassischer Black Metal mit einem feinen Gespür für die Kunst der Tempowechsel. Das Album verlangte mir eine Höchstnote ab und so hatte ich noch Fragen an Witch N und Noir.
Frank (Soundmagnet.eu): Hallo ihr Beiden, seit eurem Debüt vor gar nicht mal 1,5 Jahren, habe ich euch ganz klar bei mir auf dem Schirm. Lagen die Tracks für Albsegen schon in der Schublade oder warum kam euer zweites Werk so schnell um die Ecke? Wann habt ihr mit den Aufnahmen begonnen?
Witch N.(Ernte): Hallo Frank, ja es war tatsächlich so, dass wir die Aufnahmen für Albsegen bereits im Kasten hatten, als Geist und Hexerei Ende 2021 erschien. Dies liegt vor allem daran, dass es Corona-bedingt (wie wir alle wissen) bei den Presswerken Verzögerungen gab, aber auch an unserer enormen Kreativität in den Jahren 2020 bis 2022. Wir haben innerhalb von rund 1.5 Jahren zwei komplette Alben geschrieben und eingespielt. Das muss uns erst mal jemand nachmachen! Und: Das dritte Album ist inzwischen auch fast fertig…
Frank: Ich finde auf dem neuen Album ist der Doom-Anteil noch größer und dies macht euren Sound somit noch finsterer. Insbesondere Chaotic Visions und Apocalyptical Dissolution stechen da für mich raus. Könnt ihr beschreiben, was die Hintergründe hierfür sind?
Noir (Ernte): Ich denke die Hintergründe sind verschiedener Natur. Zum einen muss man sagen, dass die Gitarren nicht wie bei Geist und Hexerei auf E gestimmt sind, sondern auf D. Dies macht viel aus, wenn man die neuen Harmonien der Songs sich anhört. Zusätzlich denke ich, dass es immer darauf ankommt, wie die eigene Stimmung im Moment der Entstehung eines Songs gerade ist.
Ein traditioneller Betruf rückwärts gesprochen wird zum Segen der Alben
Frank: Der Alpsegen ist mir als Betruf bekannt. Was flüstert Witch in Ihrem Betruf des Intros? Hängen alle Songs lyrisch zusammen oder sind diese einzeln zu betrachten?
Witch N.: Durch die bewusste Andersschreibung – nämlich Albsegen mit „b“ – ergibt sich ein Wortspiel mit dem traditionellen Schweizer Betruf und dem alten deutschen Wort „Alb“, welches für ein heimtückisches, bedrückendes Wesen steht, das für unsere Albträume verantwortlich ist. Im Intro flüstere ich deswegen die Strophe eines traditionellen Betrufs, welche wir dann rückwärts abspielen ließen. So ergibt sich der „Segen“ der Alben, der stellvertretend für unseren Hass und unsere Abscheu auf die Zustände in unserer heutigen Welt steht. Albsegen ist kein Konzeptalbum, die Lyrics handeln aber alle von ähnlichen Themen wie der Rache der Natur, welche bewusst weiblich konnotiert ist, von Naturgewalten und Naturgeistern, vom Chaos, das am Ende alles beherrschen wird, von der kompletten Auflösung und dem unendlichen Nichts – also eher nicht so menschenfreundlich…
Frank: Eure Stil klingt weiterhin wie ein Abziehbild der nordischen Black Metal Welle Anfang der 1990er. Hat jene Richtung euch geprägt oder seht ihr eure musikalische Wurzeln ganz woanders?
Noir: Definitiv sind zumindest meine Wurzeln ganz beim 1990er Black Metal, bin ich doch mit diesem Sound aufgewachsen. Aber auch Dark Ambient prägte meine jungen Jahre. Diese düsteren Klangwelten beeinflussen mich bis heute.
Bald kann man ERNTE live erleben
Frank: Die Zeit nach den Coronajahren lässt wieder mehr Spielraum für Auftritte. Wie sieht es denn aktuell mit Live-Auftritten aus?
Witch N.: Nachdem wir Ende 2022 endlich einen Proberaum und seit kurzem auch einen zweiten Gitarristen und einen Drummer gefunden haben, sind wir uns momentan am Vorbereiten für künftige Live-Auftritte. Du wirst also bald davon hören!
Frank: Ich persönlich finde die Metal-Szene in der Schweiz sehr spannend. Einige innovative Bands kommen aus dem Nachbarland. Wie sieht generell der Zusammenhalt der Szene bei euch aus?
Noir: Nun ja, die Szene ist in meinen Augen klein und daher „kennt man sich“. Ob da ein Zusammenhalt besteht, kann ich nicht sagen.
Witch N.: Die Schweiz allein ist halt fast zu klein für eine richtige Szene. Meiner Einschätzung nach gibt es aber mehrere Gruppierungen und Szenen, die im deutschsprachigen Raum länderübergreifend – d.h. in Deutschland, der Schweiz und Österreich – existieren.
Frank: Von meiner Seite ein Kompliment, der kalte und raue Sound ist wirklich Bombe. Das Album wurde wieder von V aufgenommen. Wie war die Zusammenarbeit mit den Priory Recording Studios? Könnt ihr euch einmal vorstellen in einem anderen Studio ein kommendes ERNTE Album aufzunehmen?
Noir: Ich muss Dich korrigieren. Unsere Alben wurden nicht in den Priory Recording Studios aufgenommen, sondern nur dort gemastert. Unsere Alben wurden alle in unserem eigenen Studio mit dem Namen Inferno Studio aufgenommen und gemischt. Das machen wir alles selbst und wir werden auch in Zukunft alles selbst aufnehmen und mischen.
Witch N.: Dass Greg von Priory Recording Studios unsere Alben gemastert hat, hat sich irgendwie automatisch ergeben, da ich ihn seit Mitte der 2000er Jahre kenne und schon viele Male erfolgreich mit ihm zusammengearbeitet habe. Er macht immer einen fantastischen Job und ist ein guter Typ.
Wir stehen mehr auf Whiskey oder Bier als auf Schokolade (…)
Frank: Da es mittlerweile von jeder Band, auch aus dem Black Metal Bereich, Special-Merch, z.B Kaffee oder Bier zu kaufen gibt. Wann gibt es die ERNTE-Schokolade aus der Schweiz ;-)? Könnt ihr euch sowas vorstellen?
Witch N.: Naja, Schokolade wird es wohl eher nicht geben. Wir stehen mehr auf Whiskey oder Bier, haha. Bisher ist aber nichts in die Richtung geplant…
Frank: Letzte Frage, nennt mir aus der Pistole geschossen, eure drei Lieblings Black Metal Scheiben?Witch N.: Urgehal – Massive Terrestrial Strike, Haïve – Mieli Maassa, Spectral Wound – Infernal decadence
Noir: Mavorim – Axis Mundi, Darkened Nocturn Slaughtercult – Hora Nocturna, Satanic Warmaster – Carelian Satanist Madness
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