Ellende – Ellenbogengesellschaft – Album Review

Ellende – Ellenbogengesellschaft
Herkunft:
Österreich
Release:
30.09.2022
Label: AOP Records
Dauer:
48:44
Genre:
Ambient Post Black Metal


Ellende-Band
Foto Credit: Anne C Swallow

Ellende sind eine der bekanntesten Bands im österreichischen Metal. Wobei der Begriff Band nicht so ganz passt, schließlich steckt hinter fast allem das steirische Mastermind L.G., im offiziellen Line-Up nur unterstützt von Schlagzeuger P.F. – für Gigs lassen sich die beiden aber von weiteren Musikern begleiten.

Jedenfalls sind Ellende seit ihrer Gründung 2011 sehr aktiv, denn bei Ellenbogengesellschaft handelt es sich bereits um vierte Vollzeitalbum und die insgesamt siebte Veröffentlichung. Laut L.G. ist die Platte sehr anspruchsvoll und enthält einige neue Elemente, ohne dabei den Band-typischen Sound und das Konzept dahinter aus den Augen zu verlieren.

Existentialistische Gedanken, Melancholie und insgesamt eher düstere Themen stehen also wiederum im Vordergrund, großteils vorgetragen auf Deutsch und musikalisch im Post Black Metal mit Ambient-Anleihen verwurzelt.

Authentische Emotionalität

Bei dem Genre eigentlich klar, aber für alle die diese Musik gerade erst entdecken: Hit-Singles gibt’s hier nicht wirklich, denn alle Songs bauen aufeinander auf und entfalten erst dadurch ihre volle Wirkung. Mit anderen Worten: Das Album ist als Einheit zu verstehen, denn die Songs ziehen den Hörer nach und nach in die Welt von Ellende und vermitteln mit zunehmender Spieldauer ein Gefühl von Aggression, Melancholie und Tristesse.

Das erfordert Zeit und Aufmerksamkeit vom Hörer, aber auch Geduld – die manche in Zeiten von FOMO und ständigem Aufs-Handy-Starren vielleicht nicht haben. Aber es lohnt sich, denn Ellenbogengesellschaft liefert eine tiefsinnige und düstere Sicht aufs Leben, dargeboten in sehr intensiver, musikalischer Form. Hier werden Stimmungen und Emotionen vermittelt, und zwar nicht wie beispielsweise bei der abgedroschenen Feelgood-Werbung im TV oder Radio, sondern auf sehr authentische Weise.

Detailliertes Songwriting

Kleiner Tipp: Ellenbogengesellschaft funktioniert am besten, wenn man sich das Album mit guten Kopfhörern reinzieht. All die Details im Songwriting, aber auch die relativ poetischen Texte lassen sich dadurch einfach am besten erfassen – insofern man den Gesang von L.G. verstehen kann, natürlich. Dasselbe gilt übrigens auch für das Video zum Song Abschied, das für sensible Gemüter bestimmt heftig wirkt. Nicht weil hier etwas nicht jugendfrei wäre, sondern wegen der traurigen Geschichte, die in den Bildern vermittelt wird. HIER kannst du dir selbst einen Eindruck verschaffen.

Genre-Fans werden übrigens auch die Bands Karg und Harakiri For The Sky kennen. Deren Sänger gibt sich auf dem Albumtrack Ruhelos die Ehre, was aber nicht der einzige Grund ist, wieso dieser Song einen emotionalen Höhepunkt des Albums darstellt. Der langsame und atmosphärische Aufbau sowie das Zusammenspiel von aggressiven und choralen Gesangspassagen mit der melodischen Instrumentalisierung und treibendem Bass sind ein Musterbeispiel für Post Black Metal, wie du HIER hören kannst.

Vertonte Gemälde

Im letzten Song Verletzlich fahren Ellende dann noch einmal alle ihre Geschütze auf. Die Nummer wurde inspiriert vom irischen Maler Francis Bacon, der einige der ikonischsten Bilder von der traumatisierten und verletzten Menschheit in der Nachkriegszeit schuf – und die man sich wirklich einmal anschauen sollte, by the way. Der Song selbst enthält Samples aus einem Interview mit dem Maler und transportiert dessen etwas surrealen, figurativen Stil sehr gekonnt hinüber in metallische Klangwelten.

Wie bei jedem guten Post Black Metal Album fühlt man sich auch nach dem fokussierten Anhören von Ellenbogengesellschaft etwas ausgelaugt, erfährt währenddessen aber auch eine Art Katharsis. Oder weniger hochtrabend ausgedrückt: Die Scheibe hält, was sie verspricht. Nämlich einen wilden Ritt durch Schwarzmetallische und atmosphärische Klanglandschaften.


Fazit
Ellenbogengesellschaft wächst mit jedem Hördurchlauf und saugt den Hörer immer tiefer in die Klangwelt von Ellende, die erneut aus der Symbiose von postmetallischen Sound-Landschaften und Black Metal Raserei gebildet wird. Ein intensives Album vor allem, aber nicht nur für Genre-Kenner. 8,5 / 10

Line Up
L.G. – Gesang, Instrumente, Synthies, Samples
P.F. – Schlagzeug
Live Line Up
L.G. – Gesang, Akustikgitarre
P.F. – Schlagzeug
L.B. – Gitarre
D.B. – Gitarre
S.L. – Bass

Tracklist
01. Ich bin
02. Unsterblich
03. Ruhelos (feat. J.J. von Karg / Harakiri For The Sky)
04. Hand aufs Herz
05. Someday
06. Freier Fall
07. Abschied
08. Verletzlich

Links
Webseite Ellende
Bandcamp Ellende
Facebook Ellende


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