DVNE – Etemen Ænka – Album Review

DVNE – Etemen Ænka
Herkunft:
Schottland
Release:
19.03.2021

Label: Metal Blade Records
Dauer:
01:07:20
Genre:
Progressive Post Metal 


Foto Credit: Calum McMillan

So schlimm die aktuelle Situation mit Lockdown, Impf-Chaos und dem generellen Pandemie-Alltag auch ist, so glücklich hat es mich dieses Jahr bislang mit den Alben erwischt, die ich reviewen konnte.

Die Sci-Fi-Post-Metaller DVNE aus Schottland hauen diesen Monat ihren Zweitling Etemen Ænka raus, der als lyrisches Konzept die utopische Geschichte einer Zivilisation vom Anbeginn der Zeit bis hin zum technologischen Aufstieg und der Transzendenz der menschlichen Hülle behandelt. Produziert wurde das Album wie das Debüt Asheran von Graeme Young in Edinburgh’s Chamber Studio.

Progressive Post Metal auf höchstem Niveau

Diese neue Platte hat es so dermaßen in sich, dass ich kaum zum Schreiben dieses Reviews kam, weil ich immer wieder in den wahnsinnig guten Songs davondriftete … aber fangen wir mal vorne an: Mit einem bedrohlich subtilem Synth-Wabern beginnt die Platte mit dem Song Enûma Eliš, bevor die Gitarren und Toms loslegen und zweistimmiger Cleangesang mit dem Satz …This Fall of the Earth… zu melodischen Twin-Guitar-Parts überleitet. Harsche Growls folgen über stampfenden Post-Metal-Rhythmen. Dieser Song strotzt nur so vor Abwechslungsreichtum, unangestrengter Progressivität und Power. Zum Ende klingt dieser bärenstarke Opener in sanften Akustikgitarren aus. Geil!

Towers stampft direkt im Anschluss mit schweren doomigen Riffs, donnernden Drums, düsteren Sci-Fi-Synthies und Growls drauflos. Doch DVNE sind keine Band, die ein Doom-Riff in Endlos-Schleife abnudelt, dazu sind die Jungs aus Edinburgh einfach zu vielseitig und spielfreudig.
Rhytmus- und Geschwindigkeitswechsel, abgefahrene Gitarrenparts und Soli, sphärische Synthparts und variabler Gesang der beiden Gitarristen zwischen Melodie und Aggression machen auch den zweiten Song zu einem Hörgenuss! Man kann sich in diesem kosmischen Klangozean einfach fallen und treiben lassen, und den Corona-getrübten Alltag weit hinter sich lassen.

Das Talent der Musiker zeigt sich erneut beim dritten Track Court of the Matriarch; diese Rhythmik, diese unfrickelige Progressivität, dieser facettenreiche Gesang! Im Gegensatz zum Debüt kommen viel mehr Synthies zum Einsatz, ohne den Druck aus der Musik zu nehmen. Im Gegenteil, sie reichern den Sound von DVNE an, geben den Songs die Tiefe und Weite, die so beeindruckend auf den Hörer wirken im Wechselspiel aus verträumten Akustikpassagen, anspruchsvollen Prog-Parts und Melodie-Eskalationen. Die mehrstimmigen Vocal-Parts von Victor Vicart gehen tief unter die Haut und reißen einfach nur mit!

Futuristische Synthies und abwechslungsreiche Epik

Weighing of the Heart beginnt wie das Intro zu einem dystopischen 1980er Science Fiction Film.
Die Gastsängerin Lissa Robertson gleitet grazil mit einem Spoken Words-Part über Synthies und wabernde Gitarrenakkorde. Wunderbar eingängig und balladesk beginnt daraufhin das epische Omega Severer, ohne natürlich im Nachhinein die satten Riffs, melodiösen Gitarren und aggressiven Growls vermissen zu lassen.

Die mehrstimmigen Clean-Vocals von Vicart sind ganz vorzüglich, Dan Barters Growls ausdrucksstark und wütend. Auch die Sängerin tritt wieder in Erscheinung und greift ihren Part aus dem vorangegangenen Zwischenspiel auf. Auch in diesem Song überzeugen DVNE mit einer breiten Palette an Emotionen und klanglicher Dimension. Stark! Fast zehn Minuten, die wie im Flug vergehen! Adræden bildet mit seinen futuristischen Synthie-Klängen den Abschluss des mit Weighing of the Heart begonnenen Rahmens.

Von Gravitation und Unendlichkeit

Danach brettern DVNE mit orientalisch anmutenden Klängen mit Si-XIV wieder brachial los.
Aus voller Kehle geschmetterte Growls treffen auf an Alcest erinnernde sanfte Vocals, und die Gitarren schwelgen einfach nur in einem Teppich aus fetten Riffs und zweistimmigen Harmonien. Im Mittelteil driftet die Saitenfraktion dann in spacig halligen Soloparts untermalt von zittrigen Synths in die Unendlichkeit, bevor einen die griffigen fetten Riffmonster wieder packen und tonnenschwer zum Boden zurückziehen. Zum Video geht es HIER.

Einen schönen Kontrast dazu bietet das nachfolgende Mleccha. Ein Song, der Gänsehaut verursacht, nicht nur durch Victor Vicarts hervorragende Gesangsleistung, sondern auch die melancholischen Akustik-Gitarren und die spannenden Schlagzeug und Bass-Parts. Trotzdem nehmen DVNE nie die Härte raus, und die aggressiven Growl-Parts von Barter wirken nie fehl am Platz. Im Gegenteil, sie reichern den Song an, und auch der verspielte und folkig anmutende Mittelteil tut sein Übriges, für Überraschung und Staunen beim Hörer zu sorgen.

Das grande Finale

Asphodel ist ein ruhiges und entrücktes Prelude mit Lissas bezaubernden Gast-Vocals, und geht nahtlos in das finale Epos Satuya über. Und was für ein famoses Finale dieser Song doch ist! Über elf Minuten zelebrieren DVNE ihre beeindruckende Mischung aus Alcest, Neurosis, Isis und mehr.
Dieser Song lässt sich mit Worten kaum beschreiben, man muss sich einfach von der Musik komplett vereinnahmen lassen und in den Mahlstrom springen, einfach alles hinter sich lassen und mit DVNE auf einen letzten kosmischen Trip aufbrechen.


Fazit
DVNE’s Zweitwerk Etemen Ænka ist fantastisch, ein modernes Meisterwerk des progressiven Post Metal! Das ist einfach nur mitreißende, spannungsgeladene und vor Spielfreude überbordende Musik, der perfekte Soundtrack zum Aufbruch in neue Welten. Jetzt schon heißer Anwärter auf mein Album des Jahres 2021, sahnen DVNE begeisterte 10 / 10 ab!

9,5
Line Up
Victor Vicart – Gitarre, Gesang, Keyboard
Dudley Tait – Schlagzeug
Daniel Barter – Gitarre, Gesang
Greg Armstrong – Bass
Evelyn May – Keyboard

Tracklist
01. Enûma Eliš
02. Towers
03. Court of the Matriarch
04. Weighing of the Heart
05. Omega Severer
06. Adræden
07. Si-XIV
08. Mleccha
09. Asphodel
10. Satuya

Links
Webseite DVNE
Facebook DVNE


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