Cryptex – Once Upon A Time – Zwischen Utopie und Dystopie – Album Review
Cryptex – Once Upon A Time
Herkunft: Salzgitter / Deutschland
Release: 08.05.20
Label: Steamhammer/SPV
Dauer: 43:45
Genre: Progressive Art Rock
Es muss irgendwann 2016 gewesen sein, als mir ein Mitglied einer gemeinsamen Facebook Gruppe die 2008 gegründete und aus Salzgitter stammende Formation Cryptex mit dem damals aktuellen Album Madeleine Effect ans Herz legte. Die außergewöhnliche Scheibe ist dann auch sofort bei mir eingeschlagen. Mit den bombastischen Arrangements aus der Spätphase von Savatage, der Dramatik von Meat Loaf, der Experimentierfreudigkeit von Queen und dem extrovertierten Gesang von Simon Moskon kreierte das Trio einen völlig eigenständigen Sound und schuf mit Release my Body außerdem einen Monstertrack, der auch heute noch eine wohlige Gänsehaut bei mir erzeugt. Das Debütalbum Good Morning, How Did You Live? (2010) musste kurzfristig ebenfalls in die heimische Sammlung integriert werden und seitdem beobachte ich mit großem Interesse den weiteren Karriereweg der Norddeutschen. Als die Möglichkeit zur Rezension des von mir lang erwarteten Nachfolgers Once Upon A Time in unsere Redaktion flatterte, war ich natürlich gleich Feuer und Flamme.
Der Titeltrack Once Upon A Time beginnt symphonisch und mit viel Bombast, um den Hörer gleich zur ersten Achterbahnfahrt der Gefühle abzuholen. Treibende Rhythmen wechseln mit erhabenen Chören und dezentem 1970th Flair, über den Simon Moskon seine opulenten Gesangsarrangements legt. Die Melodieführung von Because The Reason Is You würde ich als beschwingt bezeichnen, die Pianoklänge haben eine Leichtigkeit und bekommen durch den typischen Gesangsstil von Simon einen farbenprächtigen Anstrich.
Die erste Singleauskopplung Bloodmoon finde ich eher ungewöhnlich und bisweilen sogar sperrig. Die Stimmung auf dem Song ist düster und melancholisch, mit einem unerwartet eruptiven Ausbruch im Mittelteil. Das aufwändig produzierte Video zum Song könnt ihr HIER entdecken. Diese Düsternis transportiert auch Body Language, das gleichwohl von dunklen, verschachtelteten Rhythmen und Melodien, einer leichten Gesangsmelodie mit einem packenden narrativen Part ausgestattet ist und dadurch zu einem emotionalen Gefühlskino wird. Eine weitere Wundertüte ist Two Horned Crown, das sich mit viel Schwere und Dramatik über den Hörer ergießt. Die bunten Farbtupfer, die das verspielt eingesetzte Saxofon erzeugt, sind ambivalent zur ansonsten geradezu dystopischen Szenerie.
Die zweite Single Haunted beginnt dynamisch, steigert ihre Intensität, wirkt geradezu beschwörend mit ihren unheilvollen Lyrics …Lucifer is haunting me… und wurde ebenfalls mit einem sehenswerten Video ausgestattet, das ihr euch HIER anschauen könnt. Progressiv, aber dennoch sehr zugänglich beginnt Reptiles, bis dann die Stimmung kippt, das Stück verschiedene Drehungen und Wendungen durchläuft und den Hörer erneut auf einen Trip durch düstere Landschaften führt.
Ganz anders dagegen ist das experimentelle, jazzige I Don’t Know Why. Hier lebt Simon seinen expressionistischen Gesang in vollen Zügen aus. An ihm scheiden sich ohnehin die Geister, love it or hate it…ich persönlich bevorzuge Ersteres.
Verhältnismäßig leichtfüßig wirkt The Promise Keeper. Der Song ist aufgeräumter, die Stimmung durchgängig positiv, obwohl die Lyrics da wohl etwas anderes versprechen. Mit Piano und Streicher ist I See It In Your Eyes im Sound völlig reduziert, lädt zum Augen schließen und Träumen ein. Zum Ausklang des Albums steht zum einen mit A Mo(u)rning ein kurzes, bedrückendes Instrumental mit irritierendem, deutsch gesprochenen Text und das ganz narrativ in Englisch vorgetragene Leaving, das ebenfalls recht verstörend wirkt.
Fazit:
Nach dem Erscheinen der ersten Single Bloodmoon waren meine Erwartungen an Once Upon A Time zugegebenermaßen etwas gedämpft. Versprühte Madeleine Effekt noch eine Leichtigkeit, herrscht auf dem neuen Album mitunter eine neue Schwere und Düsternis mit zum Teil emotionalen Achterbahnfahrten, die entdeckt und verstanden werden wollen. Hat man sich erst einmal darauf eingelassen, kann man vollkommen eintauchen und mit jedem Durchlauf Neues entdecken. Neben dem experimentellen Two Horned Crown, das als dritte Single mit einem Lyric Video versehen wurde, ist das wunderschöne I See It In Your Eyes mein persönlicher Anspieltipp. Inzwischen kann ich mich an Once Upon A Time gar nicht satthören, auch wenn ein Übertrack wie Release My Body hier fehlt, sollte das doch mit 9/10 belohnt werden.
Line Up
Simon Moskon – Gesang, Keyboards
André Jean Henri Mertens – Gitarre
Marc Andrejkovits – Bass
Simon Schröder – Schlagzeug (Gastmusiker)
Tracklist
01. Once Upon A Time
02. Because The Reason Is You
03. Bloodmoon
04. Body Language
05. Two Horned Crown
06. Haunted
07. Reptiles
08. I Don’t Know Why
09. The Promise Keeper
10. I See It In Your Eyes
11. A Mo(u)rning
12. Leaving
Links:
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