Barabbas – La Mort Appelle Tous Les Vivants – Album Review

Barabbas – La Mort Appelle Tous Les Vivants
Herkunft:
Paris / Frankreich
Release:
09.12.2022
Label: Sleeping Church Records
Dauer:
58:35
Genre:
Doom Metal


Foto Credit: Claire Dao

Was bei den Italienern an guten Stoner Bands im Untergrund lebt, das können die Franzosen an feinen Doom Kapellen bieten. Barabbas aus dem Pariser Umfeld wurden vor zirka 15 Jahren aus der Taufe gehoben und spielen Doom auf einem High Energy Level. Leider hat die Band anfangs nur eine EP und ein Demo herausgebracht. Erst 2014 traten die Franzosen mit ihrem ersten Album Messe Pour Un Chien aus dem Dunkel ins Licht.

Dieses Debüt hatte es echt in sich und es bewahrt auch weiterhin die Energie, denn es reißt einen heute noch mit. Doch französischen Bands sind nicht für ihre Schnelligkeit bekannt und so hatte ich schon die Hoffnung aufgegeben, von der Band ein neues Release zu hören. Barabbas tourten und steuerten einige Beiträge für Sampler bei, aber die nächste Studioarbeit ließ auf sich warten. Doch es geschehen Wunder und so können wir nach acht langen Jahren den Finger voll Spannung endlich auf die Play-Taste senken.

Der Tod ruft alle Lebenden

Das ist die freie Übersetzung des Albumtitels und mit eben dieser Durchsage, einer unterkühlten weiblichen Stimme und dem Heulen einer Sirene, werden wir im Intro eingestimmt. Ab diesem Moment klingt nichts mehr tot, denn die Riffs beim Opener Je Suis Mort Depuis Bien Longtemps springen uns lebendig ins Ohr. Barabbas haben sich nicht geändert! Sie stehen immer noch für heavy Riffing, eine zügige Rhythmusfraktion und einen unvergleichlichen Frontmann. Zum Glück widersteht die Band der Versuchung englisch zu singen und erzählt uns böse Geschichten in geschmeidigem Französisch.

Der Frontmann Saint Rodolphe ist ein unglaubliches Talent im Stimmen-, und Stimmungswandel. Er singt nicht, nein, er zelebriert. Von Gurgellauten über epischen Gesang bis zum kratzigen Kehlgesang geht alles. Die sieben Nummern von Barabbas sind zügiger Natur und erscheinen daher untypisch für den sonst eher schleppenden Sound im Genre. Doch der Doom steckt bei den Franzosen im Riffing und den dunklen, traurigen und oft auch nihilistischen Texten. Der Opener Je Suis Mort Depuis Bien Longtemps bedeutet so viel wie Ich bin schon lange tot und handelt von der innerlichen Leere in unserem täglichen stereotypen Leben.

Das Plus der Band wird bei der zweiten Nummer Le Saint Riff Rédempteur besungen. Es geht um das erlösende heilige Riff. Erwartungsgemäß gibt es das Riffmassaker nicht in einer langsamen Version, sondern in der stampfenden Energievariante. Die Band und der Frontmann stürmen vorwärts. Ich sehe vor meinem geistigen Auge wie daheim alle Köpfe vor den Boxen und live vor der Bühne bangen. Da man das Energielevel nicht beschreiben kann, gibt es HIER Le Saint Riff Rédempteur zum Anhören. Der Song handelt von der Kraft der Musik und wie sie den Menschen in schweren Zeiten stützen kann. Inhaltlich der einzige tröstende Text in einem sonst eher lyrisch schwarzen Album.

Ein alles verschlingender Kosmos

Was folgt ist Pessimismus pur. De La Viande beschreibt, dass wir alle nur aus Fleisch und Knochen sind. Nach dem Tod wird sich kein Gott um unsere Seele kümmern. Nach dem Ableben sind wir alle ein kleines Stück Fleisch im Mund des alles verschlingenden Kosmos. Hier trifft Atheismus auf Doom Metal.

Das Kontrastprogramm hört auf den Titel Le Cimetière Des Rêves Brisés. Die Stimmung ist zerbrechlich und Saint Rodolphe singt zart und fast schon episch. Die Uhr tickt, ein Keyboard bringt emotionale Farben in den Sound und die Gitarren bekommen weitläufige Freiräume. Es geht um den Friedhof der zerbrochenen Träume. Hier stehen die Menschen und trauern um verpasste Gelegenheiten und verlorenen Träume. Es ist der vielleicht emotionalste und melancholischste Song auf dem Album.

Auch Sous Le Signe Du Néant ist dunkel und nihilistisch. Wieder wird das Universum als Maßstab herangezogen. Laut der Band existiert jeder Einzelne von uns ohne erkennbaren Nutzen. Wir sind aus kosmischer Sicht ein kleiner Fleck, ein Niemand. Das große Ganze wird von uns keine Notiz nehmen. Hohes Tempo, Keyboards und in die Rhythmusgruppe eingebundene Gitarrenarbeit prägen den Song.

Gefangen und begraben im eigenen Kopf

Finster ist auch Mon crâne est un crypte (et j’y suis emmuré). Den Titel kann man ungefähr mit Mein Kopf ist eine Krypta (und ich bin darin gefangen) übersetzen. So dunkel wie sein Inhalt ist die fast zehnminütige Komposition. Der Beginn ist wie eine Doom Version von Slayers Intro zu Hell Aways. Über zweieinhalb Minuten schraubt sich der Sound vorwärts bis zum Herausrufen der ersten Worte. Finster und schwer bleibt der Song in sich selbst gefangen. Er ist eine großartige Leistung und perfekte emotionale Umsetzung!

Immer wenn ich glaube, dass die gerade gehörte Nummer die wohl Beste des Albums ist, setzen Barabbas noch einen oben drauf. Bei La Valse Funèbre wird nicht nur über den Totenwalzer gesungen. Er wird auch im 3/4 Takt vertont und von Saint Rodolphe mit mächtiger Stimme und hörbaren Gesten interpretiert. Die Toten kommen und tanzen zusammen mit den Lebenden. Es geht um die Zerbrechlichkeit des Lebens und den schmalen Grad zwischen Sein und Nichtsein.

Alles endet mit dem Klang einer Totenglocke. Wir werden im Outro gerufen. Zwar stehen wir noch mitten im Leben, aber die helle Glocke und der fortwährende Trommelschlag signalisieren, dass der Tod stetig nach uns Lebenden ruft.


Fazit
Barabbas
verbinden Doom, Energie und finsterste Inhalte zu einem unglaublichen Ergebnis. Der alles zelebrierende Hohepriester des Albums ist der Frontmann. Die Band verleiht La Mort Appelle Tous Les Vivants Schwere und Doom. Was für ein packendes Werk! 9 / 10

Line Up
Saint Rodolphe – Gesang
Saint Alexandre – Bass
Saint Thomas – Gitarre
Saint Stéphane – Gitarre
Saint Jean-Christophe – Schlagzeug

Tracklist
01. La Mort Appelle Tous Les Vivants (Intro)
02. Je Suis Mort Depuis Bien Longtemps
03. Le Saint Riff Rédempteur
04. De La Viande
05. Le Cimetière Des Rêves Brisés
06. Sous Le Signe Du Néant
07. Mon Crâne est une crypte (et j’y suis emmuré)
08. La Valse Funèbre
09. La Mort Appelle Tous Les Vivants (Outro)

Links
Facebook Barabbas
Bandcamp Barabbass


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