ASP – Nachgefragt bei Alexander Spreng – Interview

Das große Finale des fremder-Zyklus der Band ASP erblickte vor kurzem unter dem Titel Endlich! das Licht der Welt. Redakteur Kevin durfte sich intensiv mit diesem Werk beschäftigen und hatte zudem die Möglichkeit dem Schöpfer der Geschichte und Mastermind der Band, Alexander Spreng, einige Fragen zum neuen Album zu stellen.


Kevin (Soundmagnet.eu): Nach zehn Jahren endet nun euer zweiter großer Erzählzyklus mit dem Titel fremd. Wie fühlst du dich nun mit diesem Finale, dessen Titel Endlich! ja verschiedene Interpretationen zulässt?
Alexander (ASP): In erster Linie geht es natürlich genau um den Spannungsbogen zwischen dem Begriff Endlichkeit und einer Geschichte, die nach langem Warten ihren Abschluss findet. Das kleine Binnen-i ist eine Eigentümlichkeit und Kauzigkeit, die ich mir gegönnt habe, ein kleines ich im großen Werk andeutet.

Kevin: Bevor ich detaillierte Fragen zum Album stelle, würde es mich sehr interessieren, wie die Entstehung abgelaufen ist. Hattest du schon ein konkretes Konzept oder entwickelte sich die zu erzählende Geschichte nach und nach?
Aleaxander: Sowohl als auch. Ich hatte vorher ein konkretes Konzept des Albums, aber die einzelnen Songs und die Texte wurden dann im Laufe der Produktion ausgearbeitet. Es ist wichtig, die komplette Story bereits im Vorfeld zu entwickeln, sonst droht man, sich unterwegs zu verlaufen. Vor allem wenn sich eine Geschichte in ihrer Entstehung fast zehn Jahre hinzieht, ist dieses Vorgehen wichtig. Das bietet ausreichend Grundstruktur, aber auch genügend Momente, um flexibel und kreativ zu bleiben. Dennoch gibt es noch genug, was „unterwegs“ aus dem Ruder laufen kann, zum Beispiel die Länge der einzelnen Kapitel auf dem Album, sodass „ENDLiCH!“ nun schließlich auch ein Doppelalbum geworden ist.

Viele meiner Melodien sind folkig angehaucht, auch die Gesangsmelodien, sie verschmelzen bei uns mit verschiedenen anderen Musikstilen, von Hardrock bis Artrock.

Kevin: Das Album ist gewohnt facettenreich. Bei einigen Songs werden diesmal an einigen Stellen mittelalterliche Instrumentierungen verwendet. Was steckt dahinter beziehungsweise gibt es eine besondere Bedeutung?
Alexander: Ich würde Geige und Dudelsack nicht als mittelalterlich bezeichnen. Die Violine gilt ja gemeinhin als klassisches Instrument, und der schottische Dudelsack hat auch nichts mit seinen entfernten Vettern aus der Mediaval-Szene zu tun. Wir benutzen beide Instrumente überwiegend auf eine Weise, wie sie in der Folkmusic üblich ist. Es wurden aber mehrere Kilo Mittelalter Gouda während der Produktion verzehrt. Scherz beiseite: Viele meiner Melodien sind folkig angehaucht, auch die Gesangsmelodien, sie verschmelzen bei uns mit verschiedenen anderen Musikstilen, von Hardrock bis Artrock.

Kevin: Wenn ich das Gesamtwerk betrachte, wirkt dieses Album weniger düster als seine beiden Vorgänger zutiefst und Kosmonautlilus. Ich verstehe das wie einen Aufstieg aus den Schatten ins Licht. Liege ich damit richtig oder gibt es einen anderen Grund?
Alexander: Die beiden Meeres-Alben „zutiefst“ und „Kosmonautilus“ waren tatsächlich sehr weit in den lichtarmen Bereichen des Ozeans und des Unterbewusstseins angesiedelt. Entsprechend waren sie sehr kompakt, in einer kleinen, beinahe isolierten Welt des Ichs verortet, zu der der aufgeschlossene Hörer eine Reise machen konnte. Das erforderte einiges an Mut seitens des Fans, sich auf diese introvertierte Innenschau einzulassen. Dagegen ist „ENDLiCH!“ wirklich eine völlig andere Geschichte. Hier taucht man wieder auf, macht sich auf den Weg zu einem in der Ferne rufenden Ziel. Das Album ist wie ein Abenteuer. Es gibt wieder einen Horizont, wenn auch das Ende dieser Reise noch ungewiss ist.

Kevin: Auch auf Endlich! habt ihr es wieder eindrucksvoll geschafft, mit musikalischen Details Brücken zu Songs auf den Vorgängeralben zu schaffen. Kommen dir die Ideen für diese Zusammenhänge spontan mit der Arbeit an einem neuen Album oder hast du das schon Jahre im Voraus so geplant?
Alexander: Nun, auch hier muss ich wieder zu der Antwort greifen: beides. Ich weiß vorab bereits relativ genau, zu welchen anderen Bereichen der Erzählung ich die Querverweise anstrebe, manches ergibt sich dann zusätzlich beim Komponieren der Songs. Manche Ideen fallen einem dann noch als kleine Geschenke in den Schoß. Das ist äußerst befriedigend. Es sind auch nicht immer die offensichtlichen Zitate, sondern Bezüge in den Texten und Titeln oder sogar nur ein bestimmtes musikalisches Stilmittel.

Kevin: Beim Hören des Albums ist mir eine Sache sofort aufgefallen. Mit Ausgewachsener Albdruck (Fremde Träume III) gibt es sogar einen Zyklus übergreifenden Song. Was war deine Idee dahinter?
Alexander: Am Ende des Fremder-Zyklus wird mehr und mehr offenbart, dass die beiden großen musikalischen Erzählungen von ASP, der Schmetterlings- und der Fremder-Zyklus, zusammenhängen. Hier auf dem letzten Album, dem Grande Finale und Abschlusskapitel, konnte ich sehr deutlich werden, mit einem Titel, der sich auf „Requiembryo“ (aus dem ersten Zyklus) bezieht. ENDLiCH! konnte ich das machen.

Vielleicht befindet sich eine Fortsetzung hinter diesem Tor, vielleicht auch nicht.

Kevin: Der Song Tor bildet den epischen Abschluss des Hauptalbums, welcher vieles aus der gesamten Geschichte beider Zyklen vereint und zurück zum dunklen Turm führt. Was befindet sich hinter diesem Tor?
Alexander: Guter Versuch, haha. Nun, das herauszufinden, ist dem Hörer überlassen. Vielleicht befindet sich eine Fortsetzung hinter diesem Tor, vielleicht auch nicht.

Kevin: Wenn du dich für einen bestimmten Song des Albums entscheiden müsstest, welchen würdest du besonders hervorheben wollen?
Alexander: Welch gemeine Frage! Du verlangst, dass ich eines meiner Babys den anderen vorziehe? Noch dazu in der Öffentlichkeit? Wie sollen die anderen diese Zurücksetzung und das daraus entstehende Trauma denn nur verwinden? Nun, Scherz beiseite. Da ich in einem anderen Interview den Song „Seerosenblüten von einst“ aufgrund verschiedener Aspekte als meinen Lieblingssong mit minimalem Abstand vor den anderen genannt habe, muss ich heute einen anderen bevorzugen. Da ich mich momentan von einer nicht gefährlichen, aber dennoch recht nervigen OP erhole, ist das Lied „Ruine“ aus offensichtlichen Gründen heute mein Song der Wahl.

Kevin: Auch zu diesem Album plant ihr eine Tour. Habt ihr euch für das Finale etwas Besonderes ausgedacht und magst du den Fans schon einen kleinen Ausblick geben, was sie erwarten wird?
Alexander: Wenn alles gut geht und wir hoffentlich diese Tour spielen dürfen, wenn uns die Pandemie und die daraus erwachsenen Beschränkungen keinen Strich durch die Rechnung machen, dann ist das unsere erste Rock-Tour seit über zwei Jahren. Und da braucht es keine Spezialshow, da wird es einfach Energie pur geben, die Fans werden unseren eigenen Hunger spüren!

Die Ideen finden mich, ohne dass ich mich dafür anstrengen müsste. Ich hoffe, das bleibt so.

Kevin: Da dieser Zyklus nun ein imposantes Ende gefunden hat, würde es mich brennend interessieren, ob es Ideen zu einem dritten Zyklus gibt oder wie generell die Pläne für weitere Erzählungen aussehen?
Alexander: Aber klar. Ich versuche immer, schon direkt das nächste Projekt zu planen. Stillstand existiert bei mir nicht. Ich habe schon Pläne für einen neuen Zyklus. Aber vorher wird es etwas ganz anderes geben, nämlich eine Art musikalische Kurzgeschichtensammlung. Es handelt sich dabei um einzelne Songs, die alle eins gemein haben: Sie lassen sich im engeren Sinne dem Horror-Genre zuordnen. Das wollte ich schon immer mal machen, und so werden wir unserer Kategorisierung als einzige Gothic-Novel-Rock-Band mal so richtig gerecht!

Kevin: Da ich selbst seit nun 19 Jahren bekennender ASP-Fan bin, habe ich eine persönliche Frage. Was ist bei all deinen Erzählungen deine größte Inspiration, woher kommen dir die Ideen?
Alexander: Wenn ich das nur wüsste. Ich muss nichts dafür tun. Die Ideen finden mich, ohne dass ich mich dafür anstrengen müsste. Ich hoffe, das bleibt so.

Kevin: Zum Abschluss noch eine allgemeine Frage. Über zwei Jahrzehnte begeistert ihr eure Fans mit eurer Musik und euren Gothic Novels. Hättest du dir am Anfang auch nur träumen lassen, dass es so eine lange Reise, mit vielen Wendungen, werden würde?
Alexander: Nein, ganz sicher nicht. Wenn ich ganz ehrlich bin, verstehe ich das bis heute nicht und warte darauf, dass mich jemand aufweckt und mir sagt, dass alles nur ein Traum war. Niemals hätte ich erwartet, dass ich mir derart seltsamem, teils auch verkopftem Zeug eine Nische finden würde, die für mich funktioniert. Ich bin extrem dankbar, aber es ist mir auch bewusst, dass es ein Tanz auf Messers Schneide ist und jeden Tag zu Ende gehen kann, wenn auch nur einige wenige Unterstützer abspringen. Aber ich will es auch zugeben: Wenn es morgen vorbei sein sollte, dann ist ein Album wie „ENDLiCH!“ ganz sicher kein schlechtes Grande Finale. Ich bin froh, dass es in der Welt ist.


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