Alitor – Nachgefragt bei Marko Todorović – Interview
Die serbischen Thrasher Alitor haben mit II eines der großen Überraschungsalben 2020 veröffentlicht. Im Interview gibt uns Sänger und Bassist Marko Todorović Einblicke in die serbische Metal-Szene, die lebensverändernde Power von Musik und verrät uns seine Meinung zu Streaming-Gigs.
The original interview in English can be found HERE.
Markus (Soundmagnet): Hallo und vielen Dank für das Interview. Euer zweites Album „II“ hat in deutschsprachigen Magazinen sehr positive Kritiken erhalten. Serbische Bands bekommen selten so viel Aufmerksamkeit im deutschsprachigen Raum. Wie geht ihr damit um, habt ihr soviel Resonanz erwartet?
Marko (Alitor): Lieber Markus, es ist mir eine große Freude, dieses Interview mit dir zu führen. Ich hoffe, dass es deinen Lesern genauso viel Spaß macht wie mir. Ja, die Resonanz ist bisher wirklich gut, ich habe nicht mit so guten Kritiken und Rückmeldungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gerechnet. Es ist ein tolles Gefühl, wirklich. Doc Gator und die Jungs von Ragnarök haben einen tollen Job gemacht, als sie das Album mit Magazinen geteilt haben! Ich hoffe, dass uns dieses gute Feedback dabei helfen wird, in Zukunft Gigs in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu bekommen.
Es rumpelt im serbischen Underground
Markus: Leider wissen wir nicht sehr viel über die serbische Szene. Wie würdest du die Szene beschreiben, ist da viel los?
Marko: Vielen Dank für diese Frage. Ich spreche wirklich gerne über serbische Bands, denn wir haben eine Menge großartiger Dinge in unserer bescheidenen Szene zu bieten. Vor allem in den letzten 20 Jahren. Leider haben große Plattenfirmen unserer Szene fast nie Aufmerksamkeit geschenkt, auch wenn wir großartige innovative Bands aus verschiedenen Metal-Genres hatten und immer noch haben, wie Quasarborn, Centurion, Deadly Mosh, Nemesis und Jenner – alles weibliche Metal-Bands. Außerdem noch Eyesburn, Infest, The Stone, Mud Factory, Nadimač, Space Eater und viele andere.
Ich glaube, dass jede dieser Bands in der weltweiten Metalszene bekannt wäre, wenn sie aus Großbritannien, Skandinavien, Deutschland oder den USA kämen. Aber kein Jammern darüber, wir werden weiter arbeiten und wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Hoffentlich werden serbische Metalbands in der Zukunft etwas Aufmerksamkeit von den Medien und größeren Plattenlabels bekommen.
Mach‘ dir dein eigenes Genre
Markus: Für mich klingt Alitor wie eine Progressive Thrash Metal Band, die auch vor anderen Stilen nicht zurückschreckt. Wie würdest du euren Stil und eure Einflüsse jemandem beschreiben, der euch nicht kennt?
Marko: Es ist wirklich schwierig, unsere Musik in ein bestimmtes Genre einzuordnen, weil wir nicht wirklich darüber nachdenken. Wir wollen uns keine Grenzen setzen. Und wir folgen immer unserem Herzen und das einzige Kriterium für einen Song ist: „fühlst du etwas, wenn du ihn spielst“? Wenn die Antwort positiv ist, dann haben wir etwas, das für unseren Geschmack ein guter Song sein könnte.
Die Band begann als Thrash-Metal-Coverband, basierend auf dem Bay-Area-Sound, und dieser Stil ist die Grundlage unseres Sounds. Als wir anfingen, unsere eigene Musik zu schreiben, standen wir sehr auf technischen Death Metal, also kam diese Zutat natürlich auch in unseren Sound. Danach haben wir einfach immer mehr Zutaten zu unserem Sound hinzugefügt, so dass es schwer ist, ihn jetzt zu definieren.
Und unser neues Material wird noch schwieriger zu definieren sein, was das Genre angeht. Und das war von Anfang an unser Hauptziel – immer die Grenzen zu verschieben und mit jeder Veröffentlichung zu wachsen. So wird unsere Musik hoffentlich selbst zu einem Genre werden.
Innere Dämonen und die Kraft der Musik
Markus: Das Video zum Song The Tempest Within zeigt eine tanzende Frau, die am Ende lachend auf dem Boden liegt. Was ist die Botschaft hinter dem Video?
Marko: Wir haben das Video für diesen Song in Zusammenarbeit mit unserer Freundin und Schauspielerin Tea Marčeta gedreht, einem aufsteigenden Stern in der serbischen Filmszene. Sie hat einen großartigen Job im Video gemacht. Die ganze Geschichte hinter dem Video ist im Grunde eine Auseinandersetzung mit den Dämonen, die wir alle haben. Sie lacht also am Ende, weil sie diesen Kampf gewonnen hat. Es ist eine Art Metapher für das Thema des Songs selbst.
Markus: Im Gegensatz zu vielen anderen Metal-Bands sind Alitor teilweise positiv und optimistisch. In Consecration singt ihr zum Beispiel „Enlightened by this fire from inside, this love keeps me alive“. Was ist die Bedeutung hinter den Texten, habt ihr eine klare Botschaft?
Marko: Consecration ist der Song darüber, was das Spielen in dieser Band für uns bedeutet – für mich. Ich persönlich hatte eine Menge Höhen und Tiefen in meinem Leben, und es gab Zeiten, in denen ich mit der Musik und der ganzen Sache aufhören wollte. Aber das ist nie passiert. Wie ich im Text sage: “Some kind of vicious force, Drives me on and on”. Ich glaube, es gibt eine starke Chemie innerhalb dieser Band und eine hohe Dosis an Leidenschaft für diese Art von Musik, die uns zusammenhielt, also wollte ich dem einen Tribut zollen. Musik und diese Band haben definitiv viele großartige Dinge in unser Leben gebracht, und dafür sind wir extrem dankbar.
Live-Gigs vs. Streaming
Markus: Live-Aktivitäten sind im Moment kaum planbar. Wenn es wieder möglich sein sollte, können wir damit rechnen, euch in Österreich und Deutschland live zu sehen?
Marko: Das hoffe ich wirklich! Ich spreche die ganze Zeit mit Rix von Doc Gator darüber. Wir haben schon ein paar Mal in Graz, Österreich, gespielt und in Deutschland. Aber wir haben nie eine komplette Tour durch diese Länder gemacht, also hoffe ich, dass sich das ändern wird, wenn dieser Covid-19-Wahnsinn vorbei ist.
Markus: Viele Bands haben jetzt angefangen, Streaming-Gigs zu spielen, obwohl die Bands gleichzeitig sagen, dass Streaming das Live-Feeling natürlich nicht ersetzen kann. Wäre das auch eine Option für Alitor?
Marko: Um ehrlich zu sein, stehe ich nicht wirklich darauf. Ich habe nichts dagegen, ich denke, es ist gut für den Content, und es ist besser, solche Shows zu haben, als gar keine Shows… Bands finden verschiedene Wege, um aktiv zu bleiben und ihr Publikum in diesen schlechten Zeiten bei der Stange zu halten… Einer der Wege, um aktiv zu bleiben, ist das Spielen von Online-Shows, aber das ist nicht der einzige Weg.
Im Moment planen wir keine solchen Shows, aber wir werden in naher Zukunft einige Promo-Videos und Playthrough-Videos vom zweiten Album bereitstellen. Außerdem arbeiten wir an neuem Material, das – hoffentlich – zu Beginn des nächsten Jahres aufgenommen werden wird. Wir wollen keine große Lücke mehr zwischen den Veröffentlichungen schaffen. Und das ist unsere Art, aktiv zu bleiben, solange es keine Clubshows und Festivals gibt.
Weitere Highlights aus Serbien
Markus: Zurück zur serbischen Szene: Welche serbischen Bands kannst du uns empfehlen, die in anderen Ländern vielleicht nicht so bekannt sind?
Marko: Ein paar von ihnen habe ich bereits erwähnt. Aber meine Favoriten sind Quasarborn, Centurion und Eyesburn. Alle drei sind extrem innovative und talentierte Bands. Hoffentlich finden deine Leser zumindest eine von diesen Bands interessant!
Markus: Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir.
Marko: Vielen Dank für das Interview, Markus! Ich hoffe, wir treffen uns bald bei einem Gig! Und an alle Leser – bleibt sicher und hört weiter Metal!
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