Alcest – Les Chants de l’Aurore – Album Review
Alcest – Les Chants de l’Aurore
Herkunft: Frankreich
Release: 21.06.2024
Label: Nuclear Blast Records
Dauer: 43:38
Genre: Post-Black Metal / Shoegaze
Alcest wurden vor zirka fünfundzwanzig Jahren als Soloprojekt des französischen Musikers Neige gegründet. Er war schon immer die treibende Kraft hinter der Band und verantwortlich für Komposition, Ausrichtung, Inhalte und nicht zuletzt für die künstlerische Präsentation.
Stilistisch bewegen sich Alcest mit dem Debüt Souvenirs d’un autre monde von 2007 von ihren Wurzeln, dem Black Metal, weg. Wurden die Folgealben noch als Post-Black Metal bezeichnet, so kamen Elemente des Shoegaze und Post-Rock dazu.
Nach vielen Jahren der Kontinuität, stetiger Livepräsenz und eisernem Willen gepaart mit Qualität, hat das Projekt mittlerweile ein Alleinstellungsmerkmal erreicht. Das hohe Niveau aus Einheit von Musik, Lyrics und künstlerischer Präsentation sprengt jede Schublade und lässt nur einen Schluss zu: Alcest haben sich zu einer eigenen Marke entwickelt.
Trotzdem Neige federführend ist, dürfen wir die zweite Person des Projektes nicht nicht unbeachtet lassen. Seit mehr als fünfzehn Jahren ist Winterhalter Schlagzeuger und ein Freund an der Seite von Neige. Sein Drumming, welches auch auf Les Chants de l’Aurore wieder hervorsticht, ist zu einem bedeutendem Bestandteil der Band und ihres Stils geworden.
Wandeln in goldenen Strahlen
Neige hat schon immer sehr emotionale und bildhafte Texte verfasst. Seine Gedanken schweifen über Landschaften aus Sonnenstrahlen, greifen naturale Bilder auf und widerspiegeln Schönheit und Zerbrechlichkeit in jeder Form. Immer mit enthalten ist ein Schub Melancholie von Sein und Vergehen. Der sehnsüchtige und ruhig-epische Gesang liegt wie ein goldenes Tuch über dem musikalischen Teppich, den die Instrumente und das meist schnellere Drumming bereiten. Was dem Ganzen den letzten Schliff von Schönheit gibt, ist die durchgängig französische Sprache mit ihrem Wohlklang.
Immer seltener greifen Alcest auf harsche Gesangspassagen zurück, auch wenn das von Fans der ersten Alben als Zeichen der Rückbesinnung gerne gesehen wird. Doch die Band steht heute so hoch im Kurs, weil sie ihren eigenen Visionen folgt und nicht rückgewandt arbeitet. Deshalb ist es nicht relevant Les Chants de l’Aurore mit den ersten Alben der Band zu vergleichen oder Forderungen an die Band zu stellen. Alcest sind ihre eigene Liga aus Musik, Emotionen und Kunst.
Melancholie auf schnellem Teppich
Es befinden sich erwartungsgemäß viele Schattierungen auf dem neuen Output. Verhalten startet Komorebi und bietet danach eine Mischung aus Midtempo und schnellen, von treibenden Drums beeinflussten Abschnitten. Auch L’Envol beinhaltet mehrere Tempowechsel, die von schnellen zu ruhigen, manchmal melancholischen Passagen führen. Als letztes Steigerungsmittel setzt Neige dann den growligen Gesang der Vergangenheit als i-Tüpfelchen ein. Die Komposition in Verbindung mit einem künstlerisch-hochwertigen Video kann HIER konsumiert werden.
Auch 2024 sind die Franzosen Meister des Verbindens von schwebenden Melodien und energetischer Rhythmik. Der zarte Gesang auf schneller Grundlage setzt sich auch beim fantastischem und japanisch angehauchten Améthyste fort. Symphonischer kommt Flamme Jumelle auf breiten Keyboardteppichen daher. Danach wird es beim Instrumental Réminiscence zerbrechlich. Das Klavier und ein Cello erzeugen Atmosphäre und stützen die Stimme.
Finale und Vergehen
All diese Gefühl und die Ruhe waren nur die Vorbereitung für ein großartiges Finale in Form von L’Enfant de la Lune. Die über sieben Minuten der Komposition vereinen auf großartige Weise alle Einflüsse des Albums. Der Song wiegt Ruhe mit Dynamik, sowie die metallischen Wurzeln der Band mit dem aktuelle Einflüssen von Weltmusik ab.
Auf Wiedersehen zu sagen, kann beim Abschied von Freunden nach einem langen Abend auch laut ausfallen. Anders verläuft der Gedankengang bei Alcest. Neige hat sich bei L’Adieu in Auszügen eines Gedichts des französischen Dichters Guillaume Apollinaire bedient. Der Song verläuft sehr ruhig und gewohnt melancholisch. Das Thema ist Vergehen und Hoffnung auf ein Wiedersehen. Trotz des trefflichen Textes und der sehnsuchtsvollen Komposition ist es ein etwas zu stiller Ausklang, der gegenüber dem emotionaleren Instrumental Réminiscence zurückbleibt.
Fazit
Alcest spielen mittlerweile in ihrem eigenen Genre und sind dabei nicht ohne Grund so erfolgreich. Melancholische Stimmungen, dynamische Rhythmen und Gesangslinien gleich fließenden Goldfäden machen Les Chants de l’Aurore zu einem Muss für Musikfreunde. Das Gesamtkunstwerk Alcest wird man erst ganzheitlich begreifen, wenn man das passende Artwork zur Musik in Form eines Tonträgers in den Händen hält. 9 / 10
Line Up
Neige – Gesang, Gitarren, Bass, Tasteninstrumente
Winterhalter – Schlagzeug, Perkussionsinstrumente
Tracklist
01. Komorebi
02. L’Envol
03. Améthyste
04. Flamme Jumelle
05. Réminiscence
06. L’Enfant de la Lune
07. L’Adieu
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