Die Sentenced to Death Tour von Against Evil zählte für mich im letzten Jahr zu den schönsten Momenten der Konzertsaison. Zunächst als spinnerte Idee in der Facebook-Gruppe Heavy Metal Fans geboren, die aber durch so viel Unterstützung und Einsatz von vielen Menschen innerhalb der Gruppe über das Jahr im September 2019 hinweg tatsächlich verwirklicht werden konnte. Abgesehen von der Musik, hat dieses Projekt Curry getaufte Unternehmen viele Menschen, die bisher nur virtuell verbunden waren, tatsächlich zusammengeführt. Es sind Freundschaften aus diesem Zusammenschluss entstanden, die weit über ein nur gemeinsames musikalisches Interesse hinausgehen.
Das hat mir gezeigt, dass gerade in der Heavy Metal Szene gegen den allgemeinen Trend der Schnelllebigkeit und der Ausgrenzung eine lebendige Kultur des Mit- und Füreinander existiert. Bei den vier von mir miterlebten Konzerten konnte ich mich selbst davon überzeugen, wie herzlich die Band aus der indischen Hafenstadt überall empfangen wurde. Aber auch Siri Sri, Sravan, Shasank und Noble John kann ich dafür nur größten Respekt entgegenbringen, für 9 Wochen ihre Familien und Jobs zurückzulassen, um sich auf Initiative einer Facebook Gruppe auf die Reise in ein ihnen unbekanntes Land zu begeben und sich dort auf die Unterstützung von zu diesem Zeitpunkt völlig fremden Menschen verlassen zu müssen.
Mehr als einmal auf der langen Tour wurden sie dabei in privaten Unterkünften untergebracht und verpflegt, ein Vertrauen, das von beiden Seiten nie enttäuscht wurde. Die Jungs haben das professionell durchgezogen und auch wenn sie wie in Belgien oder Marburg auf kleinen Bühnen spielten, haben sie alles gegeben. Daneben gab es natürlich auch Festivalauftritte vor großer Kulisse, wie in Essen auf dem Turock, dem Innrock Reloaded in Österreich, Tennwill in der Schweiz und nicht zu vergessen das Heimspiel beim Gruppentreffen der Heavy Metal Fans in Oberhausen.
Knapp vier Montate sind inzwischen ins Land gezogen seit die Army of Four wieder in ihre indische Heimatstadt Visakhapatnam, im Westen Indiens gelegen, zurückgekehrt ist und ich denke hin und wieder daran, wie es den Jungs wohl geht und wie sie die Erlebnisse auf diese Tour inzwischen verarbeitet haben. Genug Gründe, um mit der Band Kontakt aufzunehmen. Sravan Chakravarthi beantwortete mir dabei meine Fragen:
Michael: Die Sentenced to Death Tour, die euch von Indien nach Europa geführt hatte, ist seit ein paar Wochen vorüber und ihr seid zurück bei euren Familien und eurem normalen Leben. Wie wurdet ihr von euren Familien und Freunden nach 9 Wochen Tour in Europa begrüßt?
Sravan: „Die Sentenced To Death Tour 2019“ war eine erfolgreiche, aber dennoch lange Tournee für die Band. Wir haben alle zu Hause Jobs und tragen Verantwortung für unsere Familien. Da dies das erste Mal war, dass wir so lange weg waren, haben uns unsere Familien natürlich sehr vermisst. Der Erfolg dieser Tour verhalf ihnen aber Geduld zu haben und sie waren gespannt auf die Geschichten, die wir erzählen würden. Als wir nach Indien zurückkamen, gab es einen großen Empfang für uns.
Michael: Wie war es für eure Familien, euch für diese lange Zeit ins Ungewisse gehen zu lassen?
Sravan: Als wir ihnen zum ersten Mal von der Europatour erzählten, waren sie ungläubig und verunsichert, weil keiner von ihnen wirklich wusste, wie diese Tour verlaufen würde. Aber wir haben über „Project Curry“ gesprochen und wie viele Leute an der Planung dieser Tour mitgewirkt haben. Das gab ihnen die Sicherheit und als wir anfingen, die Bilder, Videos und Eindrücke von unterwegs hochzuladen, waren sie begeistert.
Michael: Wie groß waren die Zweifel vor Beginn der Tour, ob der Schritt nach Europa richtig ist und welche Erwartungen hattet ihr, wie die europäischen Fans auf
Against Evil reagieren würden?
Sravan: Es war schon immer schwierig für eine relativ neue indische Band, Europa zu bereisen, da es viele Hürden in Bezug auf Finanzen, Logistik, Beschaffung von Equipment, Unterkünfte, Planung von Shows etc. gibt. Natürlich war die größte Frage, die wir hatten: „Wie wird unsere Musik aufgenommen?“. All das waren unsere Zweifel vor Beginn der Tour. Mit Hilfe der Mitglieder der Facebook-Gruppe Heavy Metal Fans und Oliver Rix von Doc Gator Records verlief die Tour aber reibungslos.
Michael: Hattet ihr eine Vorstellung, wie Deutschland aussehen könnte und welche Mentalität die Menschen hier haben?
Sravan: Wir hatten keine Ahnung von der deutschen Mentalität und wie die Menschen auf uns reagieren würden. Tatsächlich haben uns hier viele Leute Fragen gestellt wie: “ Werden sie eure Musik mögen?“ Ich hatte gehört, dass die Deutschen ernste Menschen sind – würden sie uns akzeptieren? Aber innerhalb weniger Tage haben wir herausgefunden, dass die Deutschen die höflichsten, lustigsten, liebevollsten und freundlichsten Menschen sind, die man je treffen konnte. Sie haben zudem großen Respekt vor Musikern, die Leute kamen zahlreich zu unseren Shows, haben uns bei sich zu Hause aufgenommen und uns sogar privat Unterkunft gegeben. Aber vor allem ist eine emotionale, familiäre Verbindung mit der Band entstanden.
Michael: Ihr habt in dieser Zeit auch sehr viel Zeit zusammen auf engstem Raum verbracht, hat euch das noch mehr zusammengeschweißt oder war es manchmal auch problematisch?
Sravan: Naja, um ehrlich zu sein: Wenn sich vier Menschen mit vier unterschiedlichen Charakteren für 60 Tage auf engem Raum bewegen, hat das nicht immer nur Vorteile. Wir waren natürlich nicht immer der gleichen Meinung, aber am Ende halten wir doch zusammen und passen aufeinander auf. Wir haben für Against Evil viel von unserem Privatleben geopfert und das geben wir so schnell nicht auf.
Michael: Was waren paar deine Highlights während der Tour, bezüglich den Konzerten, den Menschen, dem Land, dem Essen usw.?
Sravan: Die gesamte Tournee war ein Highlight für die Band. Es gab viele „First Time“-Erfahrungen wie die ersten CD-Signings in Burgkunstadt oder unsere ausverkauften Konzerte in Koblenz, Siegen, die große Kulisse beim Turock Festival in Essen, unsere erste Akustik-Show, das zweitägige Stadtfest in Oldenburg, die Show beim Innrock mit den österreichischen Alpen im Hintergrund und vieles mehr. Es war auch großartig zu sehen, wie einige Leute mehrere unserer Shows besuchten und sich so viel Zeit dafür nahmen. Überall dort, wo wir wohnten, wurden wir wie eine Familie behandelt. Besonders gefallen haben uns deutsche Autobahnen, deutsches Bier, österreichische Natur, Schweizer Fondue und vieles mehr….
Michael: Wie kam eigentlich die Zusammenarbeit mit
Jeff Loomis (ex-Nevermore, Arch Enemey) zustande, der für den Song
Sentenced To Death ein Gitarrensolo auf dem Album beisteuerte?
Sravan: Als Jeffs im Dezember 2016 auf seiner Solotour nach Indien kam, spielten wir als Vorband, dort kam der erste Kontakt zustande. Wir gaben ihm unsere erste EP Fatal Assault und er war von der Qualität der Metal Bands in Indien sehr beeindruckt. Als wir dann unser Album All Hail The King aufnahmen, dachten wir, dass Jeffs Gitarrenspiel perfekt zum Sentenced To Death Song passen würde . Wir schrieben ihm eine e-Mail. Er erinnerte sich an Against Evil und bat uns, ihm den Track zu schicken…und so kam sein face melting Solo zustande.
Michael: Hat das Interesse an Against Evil in der Heavy Metal Szene nach der Tour generell zugenommen?
Sravan: Als indische Metal-Band, die für eine erfolgreiche Tournee durch Europa reiste, haben wir in den Metal-Communities unseres Landes schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Da das Genre insgesamt in Indien keine große Popularität genießt, sind wir aber auch keine landesweite Sensation.
Michael: Gab es jetzt nach der Tour in eurem Heimatland die Möglichkeit, ein paar Shows zu spielen?
Sravan: Die ersten Wochen nach der Tour waren die anstrengendsten, da wir die 55 Tage, die wir weg waren, aufarbeiten mussten, aber jetzt werden wir von verschiedenen Veranstaltern im Land für Shows kontaktiert, die sich noch in der Planungsphase befinden. Aber wir sind sicher, dass wir ein paar Shows spielen werden.
Michael: Gibt es für 2020 schon Pläne bei Against Evil?
Sravan: Die Tour hat uns einen dringend benötigten Motivationsschub gegeben, um mit dem was wir begonnen haben, weiterzumachen. Wir arbeiten derzeit an dem neuen Album, das Mitte 2020 erscheinen wird und planen auch die nächste große Tour. Wir hoffen natürlich, dass wir wieder nach Europa zurückkehren können.
All picture credits by Against Evil and Michael Geretschläger.
Inzwischen wurden Against Evil für das Eisenfest 2020 in Schwelm als Headliner bestätigt. Mit dabei sind außerdem die süddeutschen Thrasher Traitor und auch Tylor Leads aus Recklingshausen verpassen euch zusätzlich eine Ladung Heavy Rock ’n‘ Roll der sich gewaschen hat. Des Weiteren stehen die Spanier Helldozers, Divine:Zero aus NRW und die Wuppertaler
Speed Metaller Agenda mit einem Special Acoustic Set auf dem Spielplan des Festivals. Freut euch also auf ein Wiedersehen mit den sympathischen Jungs von Against Evil am 7. November im Jugendzentrum Schwelm und feiert erneut ein Heavy Metal Fest der besonderen Art mit den Jungs aus Visakhapatnam.
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