Blind Ego / Kingcrow – 06.03.20, Zentrum Altenberg Oberhausen – Live Review
Kingcrow / Blind Ego
Veranstaltung: Double Headliner Tour 2020
Herkunft: Italien / Deutschland
Ticket: ca. 30,-
Genre: Progressive Rock
Auch wenn die dunklen Wolken der Covid-19 Krise schon langsam in unsere Gefilde wappten, so war das Ganze an jenem Freitag im Zentrum Altenberg, einem zum Kulturzentrum umfunktionierten Industriekomplex in Oberhausen, noch recht weit weg, als sowohl die Italiener von Kingcrow als auch die bayerischen Blind Ego um den Gitarristen Kalle Wallner in einem Double Headliner Event jeweils die auf ihre eigene Art knackige Mischung aus progressivem Rock und Hardrock zum besten gaben.
Den Anfang machten dabei Kingcrow, die ihr immer noch aktuelles Album The Persistence vorstellten und einen Löwenanteil davon zum besten gaben. Die ersten drei Titel Drenched, Devil’s Got A Picture und der Titeltrack stammten von diesem und zeigten, wie songdienlich aber auch virtuos die Italiener das wirklich tolle Album zum besten geben. Gerade die Bühnenpräsenz des Sängers Diego Marchesi hat mich sehr beeindruckt, aber auch Gitarren und Rhythmusarbeit wirkten live sehr lebendig. Danach folgte das atmosphärische und melodische This Ain’t Another Love Song vom 2013er Longplayer In Crescendo.
Das ähnlich gestrickte Closer und das rhythmisch interessante Father von The Persistence folgten ihm. Gut die Hälfte der an dem Abend gespielten Titel stammen von The Persistence, mit dem dritten Teil von Fading Out vom 2010er Album Phlegethon gehen Kingcrow an jenem Abend am weitesten in ihre Vergangenheit zurück. Im Folgenden stellte man ihre neue Single Astray vor, die elektronischer gehalten ist und die bekannten Zutaten von Kingcrow umfasst und im Livekontext gut zum Rest des Schaffens passt, für mich zum Rest der Titel allerdings etwas abfällt.
Weiter ging es dann im regulären Set mit Night Descending von The Persistence sowie At The Same Pace vom Vorgänger Eidos, von dem auch die beiden Zugaben The Moth und If Only stammen. Mir haben Sound, Bühnenpräsenz und die Titelauswahl, die fast ausschließlich aus aktuellen Titeln bestand, sehr zugesagt. Auch war die Band hervorragend aufgelegt und in bester Spiellaune. Teilweise hatten Kingcrow technische Probleme, die aber souverän gelöst wurden. Insgesamt war der Sound absolut in Ordnung.
Souverän und beste Spiellaune, beides passt auch zu Blind Ego, die nach einer kurzen Pause die Bühne betraten. Schon beim Opener, dem Titeltrack vom gleichnamigen neuen Album, Preaching To The Choir, wird klar, wie sich das Nebenprojekt Blind Ego des Gitarristen Kalle Wallner von seiner Hauptband RPWL unterscheidet. Knackige Gitarrenklänge und der exaltierte Gesang von Scott Balaban geben dem Sound einen rockig-metallischen Klang.
Vom aktuellen Album wurden dazu noch Line In The Sand, Burning Alive, das als Single ausgekoppelte Massive sowie In Exile gespielt. Preaching To The Choir ist wirklich toll, und Blind Ego konnten die Livequalitäten des Materials exzellent zum besten geben. Die hervorragenden Mitstreiter sind sowohl aus RPWL bekannt (z.B. Sebastian Harnack) wie auch diversen anderen Projekten wie Sylvan. Vom Vorgängeralbum Liquid wurden Not Going Away, Never Escape The Storm, What If, Hear My Voice Out There sowie die beiden Zugaben Tears and Laughter und Blackened gespielt.
Als zweiter Titel nach dem Opener wurde der tolle Bandklassiker Obsession vom ersten Album Mirror dargeboten. Das sowohl knackige als auch bewegende Gitarrenspiel von Kalle Wallner, die Bühnenpräsenz von Scott Balaban und die adäquate Leistung der anderen Mitstreiter sorgten dafür, dass ich zwischen der Liveperformance der erfahrenden Musiker und den Studioversionen auf den jeweiligen Alben kaum Unterschiede ausmachen konnte.
Die Setlist bestand bis auf die genannte Ausnahme aus aktuellen Titeln, bei einem kurzen Set eines Double Headliner Abends muss man allerdings sicher Kompromisse machen. Auch und gerade die neuen Titel haben ihre Live Tauglichkeit sehr gut gezeigt. Am Sound konnte ich nichts aussetzen, differenziert, sauber und knackig war er.
Alles in allem ein sehr gelungener Abend, sowohl Kingcrow als auch Blind Ego sind routinierte Livemusiker und haben toll abgeliefert. In der Natur der Sache eines Double Headliner Abends, aber letzten Endes doch etwas schade fand ich, dass beide Bands mit einem doch sehr umfangreichen Schaffen Kompromisse beim dargebotenen Material machen mussten. Aber dem Spaß tat das keinen Abbruch.
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