Arde – Nachgefragt bei Łukasz Bieganski – Interview
Arde haben mich mit Ancestral Cult überwältigt. Der auf dem Album gespielte atmosphärische Black Metal mit leichter, direkter Hardcorekante ohne Effekthascherei hat mich sofort abgeholt. Grund genug, Drummer Łukasz zu interviewen.
Frank (Soundmagnet.eu): Hallo und einmal Horns up aus Wien nach Berlin. Ich fange gleich mittendrin an: So richtig hatte ich euch nicht am Radar bis jetzt. Sagt, euch gibt es seit 2017. Lebt Ihr alle in Berlin und wie kam die Gründung der Band zustande?
Łukasz (Arde): Hallo Frank! Vielen Dank für die Möglichkeit, in deinem Magazin vorgestellt zu werden. Die Band startete 2017 als Crust-Punk-Projekt, aber kurz darauf begannen wir, Blastbeat statt D-Beat zu spielen. Es war irgendwie intuitiv, wir hören seit Jahren Black Metal und es war einfach die Zeit gekommen, diese Art von Musik selber zu spielen. Wir leben alle in Berlin, kommen aber aus verschiedenen teilen Europas.
Frank: Ich bin wirklich begeistert von Ancestral Cult und ihr seid für mich eine der Überraschung des Jahres 2021. Euer Atmo Black Metal ist sehr direkt und kommt ohne Synthies aus. Habt ihr euch bewusst für diesen Sound entschieden? Woran liegt das?
Łukasz: Danke für die Wärme und die großen Worte zu unserem Album! Wir denken, es ist eher ein Zufall als eine bewusste Entscheidung. Uns war klar, dass wir das Mastering mit Enormous Door Mastering machen wollen, weil uns die Arbeit der Leute aus diesem Studio sehr gefällt. Das Endergebnis macht uns sehr glücklich.
Nur weil wir uns entschieden haben, Black Metal zu spielen, bedeutete das nicht, dass diese Themen (wie Frauenrechte) auf der Strecke bleiben würden
Frank: Die Thematik, die ihr im Album behandelt, „Die Stellung der Frau, in der Geschichte der Menschheit“ ist eine sehr zeitgenössische, die mich sehr anspricht, hat doch gerade Black Metal sehr maskuline und elitäre Züge. Was war der Anstoß zu diesem Thema? Und wie seid ihr an die musikalische Umsetzung herangegangen?
Łukasz: Ja, es stimmt, dass die Metalszene von Männern dominiert ist, die oft nicht ein bisschen reflektieren über das Thema Frauenrechte oder beispielsweise die Präsenz von Frauen auf der Bühne, die ihnen gleichgültig sind. Einige von uns sind in der Crust Punk Szene aufgewachsen, wo Themen wie die Rechte der Frauen, ihren eigenen Körper zu bestimmen, geprägt sind. Nur weil wir uns entschieden haben, Black Metal zu spielen, bedeutete das nicht, dass diese Themen auf der Strecke bleiben würden. Natürlich ist das ganze Konzept von Ancestral Cult in viele Metaphern gehüllt und nicht unbedingt wörtlich erzählt, wie es in der Crust-Punk-Szene der Fall ist. Rubén, unser Gitarrist, schlug vor, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, das uns dann sehr gut gefiel, und so entstanden verschiedene Ideen, wie man alles zusammenfügen könnte. Anschließend schrieb Kato die Texte, die das Ergebnis seiner eigenen Gedanken und zum Teil aller Bandmitglieder sind. Die Musik wurde separat erstellt. Ich glaube, zwei Songs waren fertig, bevor die Idee für das Albumkonzept geboren wurde.
Wir sind Punks, die Black Metal spielen
Frank: Der Gesang beziehungsweise der von Kato ist sehr hardcore-lastig. Darüber beschreibt Ihr euch auch selbst als Atmospheric Black Metal Band mit Punk Attitüde. Habt ihr beim Punk/Hardcore eure musikalischen Wurzeln?
Łukasz: Ja, unsere Wurzeln gehen, wie schon erwähnt, auf den Crust Punk zurück. Wir sind Punks, die Black Metal spielen. Das verstehen wir unter dem Begriff „Atmosphärischer Black Metal mit Punk-Attitüde“
Frank: Was sind eure musikalischen Ziele mit Arde?
Łukasz: Wahrscheinlich ist das, das einzige Ziel: Musik zu spielen, die wir mögen und die wir tief in unseren Herzen fühlen. Ich glaube nicht, dass Arde weit über den sogenannten Atmospheric Black Metal hinausgehen wird.
Faschismus, sowohl der politische als auch der hinter der „Redefreiheit“ versteckte, oder aus der musikalischen Szene ist etwas, dass mit allen Mitteln bekämpft werden sollte.
Frank: Auf eurer Bandcamp-Seite steht ein wichtiges Statement, welches mir sofort ins Auge gesprungen ist „Fuck NSBM“. Wie wichtig ist es euch, eure politische Meinung an den Tag zu legen und sollte die Black Metal Szene eurer Meinung nach bezüglich dem braunen Sumpf noch viel mehr Flagge zeigen? Habt Ihr persönlich als Band schon negative Erfahrungen gemacht?
Łukasz: Dieses Thema liegt uns sehr am Herzen und für uns war klar, dass wir klar und entschieden dagegen vorgehen müssen. Als Band wollen wir damit nichts zu tun haben, wir wollen die Bühne nicht mit NSBM-Bands teilen, und auch nicht mit Bands, wo Mitglieder mit solchen Ansichten spielen. Diese Haltung unterscheidet uns von vielen anderen Bands, aber das ist uns egal. Faschismus, sowohl der politische als auch der hinter der „Redefreiheit“ versteckte, oder aus der musikalischen Szene ist etwas, dass mit allen Mitteln bekämpft werden sollte. Dafür gibt es viele Gründe. Verachtung für andere und das Streben nach besseren Rechten für die wenigen Privilegierten, meistens diejenigen mit weißer Hautfarbe, das ist keine Lösung für die Gesellschaft. Faschismus ist keine Ansicht, sondern ein Verbrechen. Wir hatten als Band bisher keine Probleme, abgesehen von Angeboten fürs neue Album bei Labels, die auch NSBM-Shit veröffentlichen.
Frank: Wenn ihr mal keine Musik macht, womit beschäftigt ihr euch sonst noch? Seid Ihr auch alle leidenschaftliche Sammler von physischen Tonträgern oder sagt ihr, wer brauch schon Tonträger ich nutze irgendeins der bekannten Streamingportale?
Łukasz: Abgesehen davon, dass wir in Bands spielen, machen wir verschiedene Dinge. Wir alle arbeiten und einige von uns machen noch eine Ausbildung. Natürlich sammeln wir Vinyl-Schallplatten, aber nicht nur die. Ich persönlich liebe Kassetten, es war mein erstes Medium, auf dem ich Musik gehört habe. Natürlich gibt es auch CDs, und ich denke, jeder von uns kauft sie. Heutzutage ist es wohl unmöglich, aus Portalen wie Bandcamp etc. zu entkommen. Mp3-Format und online Musik hören ist nicht so schrecklich 🙂
Frank: Gibt es in eurer kurzen Bandhistorie einen Liveauftritt, der euch so richtig berührt hat oder an den ihr euch gerne zurück erinnert?
Łukasz: Ich kann ehrlich sagen, dass jedes unserer Konzerte ein Grund zur Freude war und oft in Erinnerung bleibt. Erwähnenswert sind zum Beispiel ein Konzert in Dresden beim Paranoya Fest und ein weiteres in Göttingen in einem Kleinwagen am Wagenplatz zusammen mit unserer befreundeten Band Teryky aus Hamburg.
Frank: Als Magazin mit Standort in Wien, interessiert mich, ob ihr Zukunft in Österreich live auftretet oder in Vergangenheit aufgetreten seid? Gibt es vielleicht eine besondere Beziehung zum Land der Berge?
Łukasz: Wir haben noch nie in Wien gespielt, was nicht heißt, dass wir das nicht wollen. Wenn es die Pandemie-Situation zulässt, würden wir sehr gerne in deiner Stadt spielen.
Stay Punk&Metal!
Frank: Ich komme jetzt zum Schluss und frage jetzt die essentielle Frage: Die Welt geht unter und Ihr habt noch 20 Minuten Zeit, eure drei Lieblingssongs zu hören. Welche wären es und warum?Łukasz: Wenn wir uns in einer solchen Situation befänden, würden wir wahrscheinlich eher an Unentschlossenheit bei diesen drei Lieblingsliedern sterben, was überhaupt nicht verwunderlich ist, da sich die Liste der Lieblingslieder sehr schnell ändert, was an sich großartig ist.
Frank: Vielen Dank Łukasz für deine Zeit, schöne Grüße an die Band und bleibt gesund!
Łukasz: Nochmals vielen Dank für dieses Interview und wir senden dir und den Lesern deines Magazins viel Kraft in diesen schwierigen Zeiten. Stay Punk&Metal!
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